Heusenstammer feiern gemeinsam beim „Unnergassefest“ Tradition wieder aufleben lassen

Musik mit Lokalkolorit: Prosecco-Kehlscher der Disharmonie sangen beim Unnergassefest das Lied „Wie kann ich Heusenstämmer wer’n“.

Heusenstamm – Vom Torbau bis zum „Kunsthof“ der Familie Oberkötter erinnerte die Schlossstraße unlängst an den Nikolausmarkt, der im Dezember auf Weihnachten einstimmt. Denn auch beim „Unnergassefest“ standen hölzerne Buden auf dem Pflaster, Heusenstammer Musikerinnen verbreiteten heitere Melodien, die Menschen trafen sich beim Essen und Trinken. Neu war die Idee des Straßenfestes nicht, bereits vor 40 Jahren feierten Nachbarn auf der Unnergass.

Stefan Paul erinnerte sich nur vage, es ist einfach zu lange her. Seine Familie war mit der Bäckerei und dem Café aber immer eingebunden. Nach sieben Jahren haben sie die Tradition nach dem Fest im Jahr 1985 aufgegeben: „Es waren zu viele Auflagen, die Anwohner wollten einfach nicht mehr“, blickte Paul zurück. Nach dem Ende des damals beliebten Unnergassefests keimte jedoch der Wunsch auf, wieder gemeinsam zu feiern.

Der Bäckermeister wandte sich an den Bürgermeister, und Steffen Ball sagte spontan zu. Die Verwaltung übernahm die Formalitäten, organisierte die Absperrung der Straße und die Umleitung. Das Engagement trug Früchte, beileibe saßen am Wochenende nicht nur Unnergässler zusammen – Gäste strömten aus allen Teilen der Schlossstadt in den ältesten Teil des Orts. Auch das optimale Frühlingswetter mit viel Sonnenschein trug dazu bei, dass viele Spaziergänger und Radfahrer das Fest zum Ziel erkoren.

Wer aus Richtung Allee und Rathaus kam, wagte zunächst einen Abstecher in den „Kunsthof“. Angela Oberkötter hatte die ganze Vielfalt ihres Talents mit Pinsel und Farbe an die Fassade des Fachwerkhauses und in ihrem Garten aufgehängt. Sie malt mit Öl, spachtelt oft auf der Leinwand und beherrscht fast alle Genres, von der gegenständlichen Zeichnung bis zur abstrakten Kunst. Inspirieren lasse sie sich von Landschaften, aber beim Lauschen von Fernsehen und Radio.

Ein paar Hausnummern weiter lockten Wurst vom Grill, Pommes und Zwiebelkuchen. Die Bäckersfamilie hatte etliche Exemplare gefertigt, ihr guter Ruf lockte immer wieder Kundinnen und Kunden vors Tor, viele nahmen komplette Kuchen mit nach Hause. Und die heiteren Heimatgefühle, die vier Prosecco-Kehlscher vom Karneval Klub Disharmonie vom Treppenabsatz am Zehnthaus über die Gass’ und die Köpfe ihrer Zuhörer schmetterten.Das Repertoire von Nicole Grundel, Martina Hartmann-Abass, Stefanie Acri und Heide Schwab reicht vom alpenländischen „Hulapalu“ über „Piccolo Amore“ und „Que Sera“ bis „Xanadu“ und „Das passt mir so“ – stets mit Texten, die Orte und Szenen aus Heusenstamm aufgreifen. Beim zweiten Auftritt beantworteten die Prosecco-Kehlscher, die Frage, „Wie kann ich Heusenstämmer wer’n“ und erhoben die Stimme aufs Ehrenamt bei der Feuerwehr. Zum Finale gab es noch ein Loblied auf die Heimatstadt: „Du bist Heusenstamm“.Neben den kulinarischen und klangvollen Genüssen sorgte der junge Torbau-Verein für einen bunten Tupfer Kultur. Vor dem Bauwerk, das einst nach dem Einzug des Kaisers Franz I. von Habsburg-Lothringen im Jahr 1764 errichtet wurde, informierten Mitglieder mit Schriften über Geschichte und Ausstattung des Tors.

Von Michael Prochnow