Masterarbeit zum Torbau in Heusenstamm ist jetzt in Buchform erschienen Ein Triumphbogen für Kaiser Franz I.

Im Längsschnitt durch den Torbau zeigt Jonas Gerhardinger in seiner Masterarbeit die fünf Stockwerke im Gebäude. Foto: Gerhardinger/p

Heusenstamm (red) – Der Torbau am Eingang zum Alten Ort ist ein einzigartiges Gebäude. Er ist ein Triumphbogen, den Graf Eugen Franz Erwein von Schönborn einst erbauen ließ, um seinen Stolz und seine Freude über den Besuch von Kaiser Franz I., Herrscher über das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“, im März des Jahres 1764 im Schönbornschen Schloss nach außen für alle sichtbar zu dokumentieren. Anlass für diesen Aufenthalt im kleinen Heusenstamm war die Wahl und Krönung seines Sohnes Joseph II. zum König jenes Reichs in Frankfurt, die Vater und Sohn außerhalb der Reichsstadt abwarten mussten.

Gleichzeitig ist „es Door“, wie es die Heusenstammer nennen, das rätselhafteste Gebäude der Stadt, denn es gibt keine Unterlagen, keine Pläne, die bezeugen, wann und von wem es errichtet wurde.

Das hat Jonas Gerhardinger aus Regensburg, Absolvent der Ostbayerischen Technischen Hochschule im Fach „Historische Bauforschung“, verändert. Er hat den Torbau mit Erfolg zum Inhalt seiner Masterarbeit gemacht. Ein knappes Jahr lang hat er daran gearbeitet, hat das Tor vermessen, untersucht, Proben genommen und alles dokumentiert. Die Ergebnisse seiner Forschung, die, wie berichtet, zum Teil überraschten, liegen nun in Form eines kleinen Buches vor, das der Heimat- und Geschichtsverein herausgegeben hat.

Ungeklärt war, wann der Torbau errichtet worden ist. Die Inschrift weckt den Eindruck, dass Kaiser Franz durch das Tor ins Dorf gezogen sein könnte. Und es gibt einen Kirchenbucheintrag, wonach der 38 Jahre alte Maurer Michael Gatta am 3. März 1764, also kurz vor dem Eintreffen des hohen Besuchs aus Wien, beim Zusammensturz einer Mauer erschlagen wurde. Dies geschah, so heißt es in dem Text weiter, als vor der Ankunft des Kaisers „das Tor des hiesigen Ortes niedergerissen wurde“.

Neu gebaut aber wurde das Tor wohl erst nach dem hohen Besuch. Das belegen weitgehend die Forschungen von Jonas Gerhardinger. So hat er Holzproben aus dem Dachgeschoss auf ihr Alter untersuchen lassen. Das Ergebnis: Die Bäume wurden in den Jahren 1766 und 1769 gefällt, also zwei und fünf Jahre nach dem Besuch von Franz I. In den unteren Etagen des Gebäudes hatte Gerhardinger keine Proben entnommen. Er geht von einer Fertigstellung des Dachs im Jahr 1770 aus – also vor genau 250 Jahren.

Im Buch, das aus jener Masterarbeit entstanden ist, dokumentiert der Regensburger aber nicht nur die vermutliche Baugeschichte des Tors, das zeitweise als Armenhaus, Wachstube, Gefängnis, Museum und Bücherei gedient hat. Er hat auch Pläne angefertigt, die die Architektur des Baus zeigen. Auf vielen Bildern und Zeichnungen kann nachvollzogen werden, wie das Gebäude, das schon seit Jahren nicht mehr öffentlich zugänglich ist, von innen aussieht. In drei Phasen hat der Bauforscher die Geschichte des Torbaus eingeteilt: von seiner vermutlichen Fertigstellung 1769/70 bis 1894, dem Jahr der ersten Renovierung, dann bis 1948, als Umbauten im Gebäude vorgenommen wurden, und bis heute. 1960 erfuhr das Tor eine Grundsanierung, 1998 folgten die Schließung durch die Bauaufsicht und 2001 Maßnahmen zur Sicherung des Baus und die Sanierung der Fassade. Am Ende des Buchs appelliert Jonas Gerhardinger, hinsichtlich der Erhaltung und künftigen Nutzung eine Schadenskartierung des Gebäudes anfertigen zu lassen. Schädlinge seien fast überall im Holz und das Dach sowie Fenster und Türen seien undicht. Und im Dachgeschoss entfernte Kopfbänder seien seines Erachtens statisch nicht zu unterschätzen.

Das Buch mit dem Titel „Der Torbau in Heusenstamm“ kann zum Preis von zehn Euro im Buchhandel „Das Buch“ in der Frankfurter Straße 30 erworben werden.

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