Lage der Flüchtlinge von zwei Seiten beleuchtet Unterricht mal anders für Heusenstammer Gymnasiasten

Mit der Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg und in der Gegenwart haben sich rund 20 Oberstufen-Schüler des Heusenstammer Adolf-Reichwein-Gymnasiums in einem Zeitzeugen-Projekt der Geschichtslehrer Michael Kern und Markus Lüllau beschäftigt. Foto: pro

Heusenstamm (pro) – Mit der Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg und in der Gegenwart haben sich rund 20 Oberstufen-Schüler des Heusenstammer Adolf-Reichwein-Gymnasiums beschäftigt.

Das Zeitzeugen-Projekt der Geschichtslehrer Michael Kern und Markus Lüllau eröffnete den Gymnasiasten auch die Gelegenheit zu sehr persönlichen Begegnungen mit Vertriebenen aus Schlesien und dem Sudetenland sowie zu Donauschwaben aus dem heutigen Serbien. Darin bekamen die Jugendlichen im Haus der Stadtgeschichte auch dramatische Erlebnisse zu hören. Die heute 94-jährige Ilse Kölbl berichtete, wie sie im September 1945 innerhalb nur weniger Minuten mit ihrer Familie das Elternhaus im Sudetenland unter Schlägen der tschechischen Miliz verlassen musste. Norbert Sommer erzählte, dass er am Tag der Vertreibung sich nicht einmal von seinem Vater verabschieden konnte, der wenige Monate später in einem tschechischen Internierungslager verstarb.

Zu dem Projekt gehörte auch ein Erzählcafé, an dem neben den Heimatvertriebenen weitere ältere „Heusenstämmer“ teilnahmen. So wurde die Ankunft der „Flüchtlinge“ in Heusenstamm und die hiesige Situation nach 1945 von zwei Seiten beleuchtet. Betroffene berichteten, wie die Einquartierungen in Privathäuser organisiert wurde und auf welche Schwierigkeiten die Integration damals hervorrief.

Vor welchen Herausforderungen Flüchtlinge stehen

Im zweiten Teil der Projektwoche lernten die Teenager dann Flüchtlinge kennen, die erst in den vergangenen Monaten aus dem Iran und aus Afghanistan gekommen sind. Unter Begleitung von Angela Oberkötter schilderten sie den aufmerksamen Schülern ihren Weg nach Heusenstamm. Die Asylbewerber berichteten von Bootsfahrten über das Mittelmeer, aber auch von Verfolgungen im Heimatland durch die Taliban oder die iranische Religionspolizei.

Im Verlauf der Woche haben die Gymnasiasten nicht nur Wissen erworben. „Sie können nun im historischen Vergleich besser verstehen, welche teils emotional sehr tiefschürfende Spuren die Vertreibung hinterlassen hat und vor welchen Problemen und Herausforderungen die heutigen Flüchtlinge stehen“, resümierte Michael Kern.