„Vogelperspektive“ Thema bei Sommerausstellung des Künstlervereins Heusenstamm Die Welt von oben betrachtet

Mit den drei peppigen Stücken „Allegria“, „Inspiration“ und „Moorea“ aus dem Repertoire der Gipsy Kings sorgten die Gitarristen Matthias Koch und Robert Fescher bei der VErnissage für Stimmung. Spielfreudig spendeten sie schließlich noch Zugaben. Foto:

Heusenstamm (schu) – Der Künstlerverein Heusenstamm will die Welt von oben betrachten. Das Arbeitsthema „Vogelperspektive“ hat er sogar auf die Zeit ausgedehnt: die Sommerausstellung findet schon Anfang Mai statt. Jedenfalls haben die Heusenstammer Künstler, wie Wolfgang Franz in seiner Begrüßungsansprache bei der Vernissage deklarierte, „die Hand am Puls der Zeit“. Auch wenn sie auf die moderne Technik der Drohnen, die er düster vor Augen führte, verzichtet haben. Zum Vergnügen des Publikums konnte er indes mit einem kleinen Kursus über drei Grundregeln der Perspektive aufwarten, und zwar ganz umsonst.

Eine fremdländische Perspektive eröffnete das Duo Suerte. Mit den drei peppigen Stücken „Allegria“, „Inspiration“ und „Moorea“ aus dem Repertoire der Gipsy Kings sorgten die Gitarristen Matthias Koch und Robert Fescher für Stimmung. Spielfreudig spendeten sie schließlich noch Zugaben.

Bei den Themenbildern bietet sich gleich ein spannender Kontrast: hier Ludwig Mühlenbergs idyllisches italienisches Dorf, von einem Hügel aus gesehen, detailfreudig gemalt, und dort Monika Neesers monumentales „Frankfurt aus der Vogelperspektive“. Doris Bloes bringt ein Aquarell aus einem Malurlaub in Allemagne de Provence mit. Irene Rekus zeigt „Heusenstamm aus der Vogelperspektive“ als eine Art Lageplan. Der Abstraktion nähert sich sowohl Elke Römers faszinierende Fotografie einer „Landschaft auf Island“, als auch eine Radierung von Margret Mühlenberg mit vier farblichen Varianten einer Feld- und Wiesenlandschaft.

Den Blick auf eine Blumenwiese variiert Christel Rukwied mit hinreißenden Patchworkarbeiten. Die kleinere in warmem Grün ist mit höchst komplizierter Webtechnik verfertigt. Staunen erregt ein Quilt aus 1980 unifarbenen Einzelteilen.

Auch ganz andere Bedeutung

Das Thema kann auch eine ganz andere Bedeutung gewinnen. Eine brutale bei Wolfgang Franz: die Perspektive des toten Vogels unter den Krallen einer Katze ist nicht beneidenswert, so liebevoll das Raubtier gezeichnet ist. Ein friedlicheres Bild bieten Klaus Hartungs „Möwenspiegel“ und die „Kraniche über dem Odenwald“. Reizvoll wirken die Silhouetten der Stare im An- und Abflug, die Elke Römer fotografisch festgehalten hat. Margit Haun hat einen „Vogel mit Perspektive zum Musiker“ aus Alufolie und 10 Nudeln auf Schmirgelpapier erschaffen. Auch Neesers riesengroße Vogelfeder mit Goldfaden fügt sich ins Thema. Einen tollkühnen Flieger aus der Antike, den vom Sonnen-Feuer erfassten Ikarus, zitiert Irene Rekus auf einem furiosen Ölgemälde.

Seinen hessischen Beitrag liefert Wolfgang Moosbrugger mit der Comic-Figur Marl Rupp. Da lernt man die korrekte Übersetzung der „Fuchelperschwägdiefe“. Ein Unfallopfer hätte beinahe „Sachsehause von owwe“ gesehen. Mit weiteren Comics und witzigen Abgrund-Szenen hat der Zeichner nicht gegeizt. Die Installation „Beach Bar zum Faulenzer“ wird kleine und große Besucher ergötzen.

Vielseitig sind die freien Beiträge. Margret Mühlenberg zaubert eine Collage und eine Skulptur mit verblüffenden Funden aus aller Welt. Über die Radierungen „Sein Zuhause“ und „Im Innern“ kann man rätseln. Mit verschiedenen Techniken und Materialien experimentieren auch Rekus und Haun, die mit Nitroverdünnung auf Offsetpaper eine impressionistische Wirkung erzielt. Die so präzisen wie hintergründigen Bilder von Franz führen in die geographische und zeitliche Ferne: zur „Basaltküste“ einer kanarischen Insel, wo der groteske Baum „Sabina“ wächst, oder zum „Zeitfenster“ und zum „Portrait“ des schwer tragenden Atlas.

Achim Degener potraitiert eine Dame „Auf der Pferderennbahn“. Hartung gestaltet Blumen und Naturimpressionen, Bloes zeigt zarte, raffiniert farblich abgestufte Naturbilder. Mühlenberg bannt einen Blick auf Seligenstadt und auf „Punta di San Vigilio“ atmospärisch dicht aufs Papier. Heidrun Heinzelmann und Neeser steuern verspielte Ketten bei. Renate Schneiders kostbare Vasen leuchten in Blautönen.

Die Ausstellung im Haus der Stadtgeschichte ist bis 7. Mai zu sehen, werktags 16 bis 18 Uhr, Samstag 14 bis 19 Uhr, Sonntag 11 bis 19 Uhr.