Adalbert-Stifter-Schüler wurden wieder zu Zirkusclowns und Artisten Wertschätzung durch Applaus erfahren

Jeder Adalbert-Stifter-Schüler wird einmal in seinem Leben Zirkusclown. Oder Artist. Oder Zirkusdirektor.

Heusenstamm (m) - Jeder Adalbert-Stifter-Schüler wird einmal in seinem Leben Zirkusclown. Oder Artist. Oder Zirkusdirektor.

Weil Lehrerkollegium, Elternbeirat und Förderverein alle vier Jahre den Zirkus Baldini engagieren, der den Kindern zeigt, welche Talente in ihnen stecken, und ihnen so eine Extra-Portion Selbstbewusstsein vermittelt. Unlängst war es wieder soweit, der Viermaster stand auf dem Bolzplatz an der Schlossmühle.

Zehn Mädchen und Jungen stehen auf dem knallroten Kunststoffteppich mit den gelben Sternen im Kreis. Wie einen Heiligenschein halten sie die neongrünen Hula-Hoop-Reifen um ihren Kopf. Auf ein Zeichen hin werfen sie die Geräte um ihre Hüften und lassen sie kreisen. Das sieht jetzt schon schön aus, in den beiden Vorstellungen wird die Nummer noch ins rechte Licht gerückt.

Ein Mädchen mit der Aufschrift „Luise 10“ auf dem blauen T-Shirt versucht, ein ganzes Dutzend Ringe in Bewegung zu bringen. Das klappt kurz, dann fällt der Stapel auf die rote Matte. Aber bis zur Aufführung sind’s schließlich noch zwei Tage.

Neben der Manege bildet eine Gruppe immer neue Bilder auf und vor zwei Steckleitern. Arme und Beine sollen immer gerade ausgestreckt werden.

Ähnlich sieht das auf der anderen Seite der Manege aus: Ein Schüler springt auf ein Trampolin und streckt in der Luft alle Viere von sich.

Ein Knirps balanciert auf einem stramm gespannten Drahtseil, rechts und links gehen Begleiter mit und halten ihre Hände zum Abstützen bereit.

Die nächste Einheit schwingt rote Plastikteller auf Holzstäben oder jongliert mit Keulen, Turntalente hangeln sich aufs Trapez und bilden elegante Figuren.

„Diesmal haben wir auch einen Sponsorenlauf gestartet“, erinnert Lehrerin Carola Markert an das Engagement für das Projekt. „Außerdem zahlen die Eltern Eintritt“. Und wozu der kostspielige Aufwand? „Immer mehr Kinder bewegen sich immer weniger“, beschreibt die Pädagogin die Mängel in der Motorik, die sie immer häufiger bei immer mehr Schülern beobachtet.

Die meisten Zirkusnummern erfordern eine gewisse Sportlichkeit, Koordination und eine gute Reaktionsfähigkeit. Der Zirkus fördere außerdem das soziale Lernen, ergänzt Carola Markert, die vor vier Jahren schon dabei war. „Hier punkten Schüler, die im Unterricht eher schwächer sind, und alle erfahren durch den Applaus eine Wertschätzung für ihre Leistung.“ Das ist vor allem auch für Kinder mit Förderbedarf wichtig, die ASS ist eine inklusive Einrichtung. Und für die Schulgemeinde ist’s jedes Mal eine großes Gemeinschaftserlebnis.

Während die Hälfte der gut 200 jungen Heusenstammer unter der Kuppel probt, paukt die andere in der Schule.

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Auf dem Stundenplan steht aber anstelle von Mathe, Deutsch und Sachkunde nur „Zirkus“. Die Lerngruppen schreiben Aufsätze übers Leben rund um die Manege, basteln und malen Bilder und beschäftigen sich mit dem Inventar der Familie Krämer. Die 18 Lehrkräfte loben das kompetente und erfahren Vorgehen der Zirkusleute.

Balduin Krämer hat das Unternehmen 1957 in Wiesbaden gegründet. Der heutige Name sei von seinen Vornamen abgeleitet, erläutert Enkel Tino Krämer. Heute sind sie zu acht, und seit rund drei Jahren leben sie fast alleine von den Aktionen mit den Schulen. Das sei lukrativer und sie seien nicht von Wetter oder Fußballspielen im Fernsehen abhängig.

Tino und seine Kollegen staunen, wie die kleinen Schlossstädter „mit sehr viel Disziplin und so schnell Kunststücke beherrschen“. Für die Krämers selbst bedeutet das neue Engagement, dass sie sich zurückziehen. „Jetzt sind wir nicht mehr selbst die Stars, sondern die Kinder“.

Schwächen beim Nachwuchs gleicht das Team mit einer geschickten Verteilung der Aufgaben aus, „damit alle einen tollen Auftritt haben: Bei uns gibt es keine Verlierer!“. Vielleicht lässt sich auf diesem Weg die Kultur des Zirkus’ an die nächste Generation weitergeben, hofft Tino. Dafür waren am Freitagnachmittag die „Zirkusdirektoren“ Chiara und Mikael sowie Paula und Hanna zuständig, die das Programm charmant präsentierten.