Geschenke für Kinder aus Flüchtlingsunterkünften Wunschbaum-Aktion lässt Kinderaugen leuchten

„Ist das der echte Nikolaus?“ Kinder aus Flüchtlingsunterkünften bekamen in der Praxis von Arzt Ralf Heithornin der Mozartstraße Weihnachtsgeschenke aus der Hand des Heiligen Nikolaus alias Claus Holzamer. Foto: Schmedemann

Heusenstamm (liz) – Die bunten Pakete stapeln sich vor einer steinernen Wand. An großen und kleinen Schleifen hängen in Form von Christbaumkugeln oder Weihnachtsbäumen Namensschilder an jedem Päckchen.

Die Adressaten sitzen schon gespannt auf den Stühlen. Sie sind höchstens sechs Jahre alt und schauen noch etwas unsicher drein. Sie wissen noch nicht, dass die Geschenkeaktion ihretwegen stattfindet.

Der Arzt Ralf Heithorn hat in seiner Praxis in der Mozartstraße in Heusenstamm zu einer Weihnachtsaktion aufgerufen. In den vergangenen Jahren hat es diese schon zugunsten des Theresienheims in Offenbach gegeben. Nun sollen auch Augen von Heusenstammer Kindern leuchten, die sonst vielleicht nicht die Chance auf ein großes Weihnachtsgeschenk hätten. Zwölf Kinder aus Flüchtlingsunterkünften sowie 15 Kinder aus dem Eritrea-Projekt der Katholischen Kirche durften ihre Wünsche auf einen Zettel schreiben, der schließlich als Schmuck für einen Baum in der Praxis diente.

„Jeder konnte bei uns vorbeikommen und sich einen Zettel ‚pflücken‘“, erläutert Heithorn. Den darauf notierten Wunsch konnten die „Geschenkpaten“ oder „Christkinder“, wie der Kardiologe die Spender wertschätzend nennt, erfüllen und das Paket an Heinz Schiedhering und sein Team übergeben. Dieses kümmert sich um die Organisation rund um die Wunschzettelaktion: Päckchen entgegennehmen, verwahren und an diejenigen ausliefern, die der Übergabe nicht beiwohnen konnten.

Dann ertönt ein Glöckchen. Die Kinder sehen wie gebannt Richtung Tür. Die Flüchtlingshelferin Marianne Hundt läutet ohne Unterlass, bis sich eine große Gestalt mit Mitra und einem langen Stab in der rechten Hand hinter ihr zeigt. Der weiße Bart lässt keinen Zweifel an der Person. Zumindest fast. „Ist das der echte Nikolaus?“, lautet die ungläubige Frage aus den Stuhlreihen. Von zahlreichen Augenpaaren fixiert läuft der Mann in Rot alias Claus Holzamer hinüber zu den rund 30 Päckchen, die darauf warten, verteilt zu werden. Nacheinander liest Hundt den Namen auf den Schildchen vor, woraufhin die Empfänger nach vorn kommen.

Als die dreijährige Kabiher an der Reihe ist, weiß diese gar nicht, wohin sie zuerst blicken soll. Das große Paket ist nicht minder spannend als der große Mann, der mit tiefer Stimme brummt: „Warst du auch schön brav?“ Zwar ist dem Mädchen die Kehle vor Aufregung zugeschnürt, doch behilft es sich mit zögerlichem Nicken. Als es realisiert, für wen das Geschenk ist, verwandelt sich die Unsicherheit in ihren Zügen in große Freude. Ganz so glimpflich verläuft es nicht bei jedem Beschenkten. Die Augen sind teils angstgeweitet, aber trocken, aus anderen kullern Tränen. Die Mehrheit der Kinder entscheidet sich jedoch für ein breites Grinsen und für die Ungeduld, rasch nach Hause zu eilen, um es endlich auszupacken.

Mit Feiertagsgrüßen gehen die jungen Familien schließlich wieder auseinander. Heinz Schiedhering schaut ihnen zufrieden nach. Ein paar Päckchen sind noch nicht an der richtigen Adresse angekommen. Darum wird sich der 86-Jährige, der sich seit sieben Jahren ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert, in den kommenden Tagen kümmern. Für ihn ist das eine Selbstverständlichkeit. „Die Nächstenliebe ist das höchste Gebot für mich“, sagt er bestimmt. Auch Katja Richter, Leiterin der Stadtbücherei, spielt an diesem Tag noch einmal Christkind. „Ich habe von der Stiftung Lesen Bücher für Erstleser bekommen“, erzählt sie. Diese richteten sich speziell an Kinder, die zum ersten Mal mit der deutschen Sprache in Berührung kommen. „Es geht nicht unbedingt darum, das Lesen zu lernen, sondern darum, sich im Alltag zu verständigen“. Eine Mutter findet: „Wie schön, dann lerne ich das mit dem Kind zusammen.“