Erzählungen vom Wüstentrip in der Egelsbacher Kulturscheune Bilder und Klänge vom algerischen Abenteuer

Die Algerien-Reisende Sonnhild Grevel (von links), der Bassist Christophe Imholz, die Fotografin Ines Boelke, die Tuaregs Tahar Marmouri und Adda Elies und Mitreisende Klara Felau berichteten von den Abenteuern in der Wüste. Foto: zcol

Egelsbach (zcol) – Sonnhild Grevel hat einen besonderen Glanz in den Augen, wenn sie von ihrem Wüstentrip in den Süden Algeriens erzählt. Die Egelsbacher Künstlerin berichtet von der fast beängstigenden Stille inmitten der Sanddünen, vom Schlaf unter dem natürlichen Sternenzelt bei bis fast in die Minusgrade runter kühlenden Temperaturen und auch von der innigen Bindung zu den Kamelen, auf denen sie im Spätherbst vergangenen Jahres durch die Wüste ritt.

All diese Emotionen und die schönen Erinnerungen wollte Grevel mit den Egelsbachern teilen und hatte eine besondere Ausstellung in der Kulturscheune von Rüdiger Luchmann realisiert. Ihre Reisepartnerin, die Frankfurter Fotografin Ines Boelke, zeigt in der urigen Scheune die Bilder von dem algerischen Abenteuer. Mitglieder des Egelsbacher Kunstvereins haben sich von den Fotografien inspirieren lassen und ebenfalls ausdrucksvolle Wüstenbilder gemalt. Und richtig spannend und authentisch wurde die Veranstaltung in der Scheune durch den Besuch von Tahar Marmouri und Adda Elies, zwei Tuareg aus Algerien, die gerade mit ihrer traditionellen Musik auf Europa-Tournee sind.

Mitten durch Egelsbach zieht ein Hauch von Wüste, Fremdheit und vor allem von völlig anders tickenden Uhren: „Denn die Europäer haben die Uhr, die Afrikaner haben Zeit“, zitiert Christophe Imholz, französischer Bassist der beiden Algerier, die afrikanischen Gäste. Und diese zeitlose Weite hat Iris Boelke mit ihren Kameras auf großformatigen Papier festgehalten: Sie fängt die ausdrucksvollen Gesichter der Tuareg ein, die dunkle Augen der muslimischen Völker, versteckt unter dem traditionellen Turban. Die seelenvollen Blicke der Kamele, ohne die die Menschen in der Wüste nicht weit kommen würden. Und auch die wunderschöne Natur in der Weite der Sahara in dem Nationalpark im Süden Algeriens.

„Dieses Leben in der Wüste ist eine Auszeit. Ich komme dort an und es entschleunigt mich sofort“, hat auch Boelke schon vor einigen Jahren ihre Leidenschaft für die Wüste und das einfache Leben der Tuareg für sich entdeckt.

„Niemand drängt mich, alles dauert so lange wie es dauert – und wenn es eine Stunde für eine traditionelle Teezeremonie ist.“ Den grünen Tee, der eine Stunde gebrüht und hin und her geschüttet wird, den dürfen die Egelsbacher auch probieren. Er ist süß. Sehr süß und im Abgang ordentlich bitter. Jeder, der das Gebräu an diesem Nachmittag probiert weiß, dass es ohne die Unmengen an Zucker vermutlich nicht trinkbar wäre.

„Die Tuareg haben eine klare Klassifizierung für ihren Tee. Variante eins ist bitter wie der Tod, Variante zwei sanft wie das Leben und Variante drei süß wie die Liebe. Wenn es in der Liebe gerade nicht läuft, kann man es auch umdrehen“, sagt Ines Boelke lachend. Die Tuareg seien ein sehr stolzes Volk, die ihre immer schwieriger zu lebenden Traditionen retten wollen. Manche von ihnen, so Boelke, machen es zur Show, zur Touristenattraktion. Aber das sei eben bei weitem nicht alles.

„Das Leben in der Wüste ist getaktet vom Wetter, den Lebensbedingungen und nicht zuletzt durch den Glauben. Der Tagesrhythmus wird ganz klar von den muslimischen Gebeten bestimmt“, sagt die Fotografin.

Wer sich auf das Abenteuer Wüstentrip mit den Tuareg einlässt, muss sich schon ein bisschen Luxus verkneifen. Haare waschen ist nicht, auch duschen geht nicht. Die trockene Hitze lasse die Menschen aber nicht so sehr schwitzen. Das tägliche Bedürfnis wird in ein gegrabenes Sandloch verrichtet – das Toilettenpapier sofort anschließend verbrannt. Die Wüste soll sauber gehalten werden. „Alle gehen sehr respektvoll mit dieser intimen Angelegenheit um. Man gewöhnt sich schnell daran“, erzählt Sonnhild Grevel, während die schönsten Wüstenbilder über einen großen Monitor flimmern. Gekocht werde in einer mobilen Küche. „Mir hat es an nichts gefehlt und die Reise war ein einziger Traum“, will die Egelsbacherin auch in diesem Jahr wieder nach Algerien reisen.

Für Tahar Marmouri ist der Umgang mit den deutschen Touristen ebenfalls ein Abenteuer. „Die Menschen brauchen ein paar Tage, um sich an den Rhythmus der Wüste zu gewöhnen. Anfangs ist alles kompliziert. Die Sprache, die Kultur, das Leben – alles ist fremd“, erklärt der Tuareg auf französisch.

Es falle vielen Touristen schwer, los zu lassen, die Uhr zu vergessen und einfach nur die Wüste zu leben, im Einklang mit den Tieren und dem Lauf des Tages. „Bei den Europäern muss immer alles sofort gehen“, sagt er schmunzelnd.

Ines Boelke organisiert die Wüstenreisen in kleinen Gruppen durch Algerien. Wer Interesse hat, kann sich per E-Mail unter ines.boelke[at]web[dot]de melden.