250 Teilnehmer gingen am Samstag auf die Straße Bündnis demonstriert gegen Bannwald-Rodung

Mit dem Transparent voran ging es durch die Stadt. Foto: Kokoschka

Langen (zvk) – Aufgeben und verstummen kommt für das Aktionsbündnis Langener Bannwald nicht in Frage. Ganz im Gegenteil: Sie machen weiter mit ihrem Protest gegen den Kiesabbau der Firma Sehring. Unter dem Motto „Hände weg vom Bannwald“ rief das Aktionsbündnis am vergangenen Samstag zur Demonstration in der Innenstadt auf – und etwa 250 Protestler waren mit Bannern, Fahnen und Transparenten gekommen.

„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns den Bannwald klaut“, „Jetzt oder nie, Ökologie!“, „Renaturieren, und zwar jetzt“ oder „Solidarisieren – Mitmarschieren!“ appellierten sie auf ihrem Weg vom Bahnhof über den Lutherplatz bis zur Stadtkirche. Denn bereits im Herbst sollen weitere vier Hektar gerodet werden.

Die Rodung des Bannwaldes durch die Familie Sehring ist seit einigen Jahren ein Streitthema. Die einen wollen die Natur erhalten, den anderen geht es um Profit und Arbeitsplätze. Letzteres Argument ist für Matthias Rohrbach, Sprecher des Aktionsbündnisses, nicht nachvollziehbar: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass Berufe nicht mehr ein ganzes Leben halten.“ Als Beispiel verweist er auf den Steinkohleausstieg.

„Die Gewerkschaften haben das möglichst sozial gestaltet. Auch kann der Staat Möglichkeiten zur Umschulung von Arbeitern bieten.“ Dafür stehe das Aktionsbündnis in Kontakt mit Gewerkschaftlern. Dass sich allerdings niemand vom städtischen Magistrat mit den Demonstranten solidarisiert, bedauerte Rohrbach. Dafür war Grünen-Landtagsabgeordnete Katy Walther zur Demonstration erschienen.

„Ich stehe für Artenvielfalt und für jeden Baum der hier wegkommt. Das Anliegen werde ich im Landtag vertreten“, versprach Walther. Die Protestler hoffen, dass diesen Worten auch Taten folgen – denn ihr Unmut richtet sich nicht nur gegen die Firma Sehring, sondern auch gegen die Politik, insbesondere das Regierungspräsidium Darmstadt. „Wenn der Sehring was will, dann ist unsere grüne Regierungspräsidentin schnell zur Stelle. Aber wenn wir Akteneinsicht fordern, taucht sie ab“, sagte Thorwald Ritter, Vorsitzender des BUND- Kreisverbandes Offenbach. Seit fast drei Jahren liege die Klage des BUND beim Verwaltungsgericht Kassel. „Bald wird der Punkt erreicht sein, wo die Klage obsolet ist, weil der Wald gerodet ist“, sagte Ritter.

Aus diesem Grund fordert das Aktionsbündnis einen Stopp der Rodung, bis über die Klage des BUND entschieden ist und einen unabhängigen Gutachter für eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Zudem verlangen sie, dass das hessische Waldgesetz verschärft wird.

Aktuell bezeichnet der Bannwald ein Waldstück als besonders schützenswert, wenn dieses außergewöhnliche Bedeutung für die Natur und die Umwelt hat. Doch diese Rechtsprechung lässt sich für viele nur schwer mit den Rodungen in Einklang bringen.

„Der Bannwald ist ein Naherholungsgebiet für uns Menschen, er hilft im Sommer gegen überhitzte Städte und ist ein Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt“, zählt Jacqueline Herth, Sprecherin des Aktionsbündnisses, auf. „Wir wollen nicht, dass jemand Profit auf unsere Kosten und unsere Gesundheit macht.“

Außerdem verlangen die Demonstranten, dass Sehring seinen Renaturierungsverpflichtungen nachkommt.

Nach Angaben des BUND habe Sehring bislang 90.000 Quadratmeter rekultiviert. Klingt viel – angesichts der Rekultivierungspflicht von 489.500 Quadratmetern entspricht dies jedoch nur einer Quote von 18,3 Prozent. „Die Ostgrube ist bisher noch nicht wirklich renaturiert. Wo früher ein mächtiger Wald war, sind ausgetrocknete Tümpel, Sträucher und große Brachflächen. Durchzogen wird das Ganze durch die Baustraßen der Firma Sehring“, berichtet Günther Lange, zweiter Vorsitzender der Naturfreunde Egelsbach-Erzhausen.

Vor allem die Artenvielfalt leide darunter: Pflanzen wie das Tausendgüldenkraut und Tiere wie die Hohltaube oder die Wasserfledermaus seien im Bannwald nicht mehr zu finden. „Bis 2018 haben 79 Vogelarten im Bannwald gelebt. Jetzt ist mindestens ein Drittel durch die Rodungen fort.“ Auf seinem Plakat hat Lange zwei Fotos der Ostgrube befestigt. Darauf zu sehen: Ein aufgetürmter Berg mit Wurzeln und Ästen, daneben das Schild „Lebensraum Stubbenwall“.

Für Lange ist das Augenwischerei: „Jetzt nisten sich vielleicht Tiere ein. Aber in zwei oder drei Jahren, wenn alles verrottet ist, haben sie wieder keinen Lebensraum.“ Dies sei für ihn eine perfide und pseudoökologische Angelegenheit, die den Menschen Umweltbewusstsein vorgaukeln solle. „Das Einzige was dieser Stubbenwall zeigt, ist die Menge an Kohlendioxid, die durch die Rodung freigesetzt wurde.“

Allen Demonstranten war klar, dass es mit einer Demonstration allein nicht getan ist. „Wir sind nicht allein mit diesem Problem: In Dietzenbach ist das Thema aktuell, in Kelsterbach haben sie ebenso zu kämpfen“, sagte Rohrbach. Für ihn ist klar: „Wo Bannwald draufsteht, muss auch Bannwald drin sein.“

Die nächste Veranstaltung hat das Aktionsbündnis bereits geplant: Am 26. Mai findet ein Sponsorenlauf um die Fläche des Bannwaldes statt, die noch nicht gerodet wurde.

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