Ex-Bundespräsident beim politischen Salon Langen: Christian Wulff besucht Dreieichschule

Im Anschluss an die offizielle Veranstaltung suchte der Ex-Bundespräsident noch das persönliche Gespräch mit den Schülern Foto: zcol

Langen (zcol) – Der politische Salon der Dreieichschule Langen ist immer hochkarätig besetzt. Zur 20. Veranstaltung haben die verantwortlichen Lehrer Stefan Trier und Jörg Couturier einen besonderen politischen Hochkaräter auf das Sofa im Musikraum des Gymnasiums gelockt: Bundespräsident a. D. Christian Wulff war zu Gast und stellte sich den Fragen der Schüler. 

Der CDU-Politiker, ehemaliger Ministerpräsident von Niedersachsen und eben auch der zehnte Bundespräsident von Deutschland hielt schon in seinem Impulsreferat ein flammendes Plädoyer für ein starkes Europa, für die Demokratie und die Vielfalt. Er sprach sich vehement gegen den Nationalismus, den Egoismus und das Schüren von Angst aus. „Die Stimmung in der Welt und in Europa hat sich verändert“, sagte Wulff, „die Freiheit, die wir kennen ist in Gefahr“, verwies er auf die Wahl von Donald Trump, die Vorkommnisse in der Türkei und den Brexit. „Die Demokratie klingelt nicht, bevor sie geht. Man wacht morgens auf und sie ist weg. Wir müssen uns jetzt dafür engagieren“, appellierte Wulff an die Schüler.

Ex-Bundespräsident macht sich für Europa stark

Wie seine 1993 geborene Tochter, kennen auch die Langener Schüler nur ein geeintes Deutschland, eine EU im Verbund. Mit gemeinsamem Parlament und gemeinsamen Entscheidungen. „Ein Europa in Frieden, ohne Grenzen – wir müssen aufpassen, dass dies nicht nur ein Wimpernschlag in der Geschichte Europas wird“, sagte Wulff. Er erläuterte den Gymnasiasten auch die Ursachen für die Verunsicherung der Menschen. Der Terror, die Ungerechtigkeiten in der Verteilung, die unaufgearbeitete Digitalisierung und die Flüchtlingskrisen haben zu aufkommendem Populismus und Hass gegen den Islam geführt. Dabei – und das wiederholte Wulff mehrfach – gehöre der Islam zu Deutschland, wie auch das Christentum zur Türkei gehöre. Er sei ein großer Fürsprecher für die multikulturelle und ethnische Vielfalt in Deutschland.

Internationalität und Vielfalt funktioniert nur mit klaren Regeln

„Ohne die in Deutschland lebenden Türken und die russischstämmigen Deutschen könnten wir doch einpacken – das gilt ebenso für die deutsche Nationalmannschaft, wie auch für unser wirtschaftliches Leben“, betonte Wulff. Das „deutscheste Deutschland“ habe es in der DDR gegeben – sehr weit seien sie damit bekanntermaßen ja nicht gekommen. Natürlich, und auch das sagte der CDU-Politiker mehrfach, funktioniere Internationalität und Vielfalt nur mit klaren Regeln und der unumstößlichen Einhaltung des Grundgesetzes. Auch die Polizei brauche mehr Unterstützung und Rückendeckung, um Regeln durchsetzen zu können.

Solidarität Europas

Die Digitalisierung habe es zudem mit sich gebracht, dass „Schwachsinn, der früher am Stammtisch blieb“, heute ungefiltert über das Internet in die Welt verteilt wird und Hass und Angst schüre. In der Flüchtlingskrise setzt er auf die Solidarität Europas. „Wenn 500 Millionen Europäer zusammen halten, können wir drei Millionen Flüchtlingen eine Heimat geben“, erklärte er. Und wies auch darauf hin, dass Deutschland nicht unter den zehn Staaten der Welt ist, die die meisten Flüchtlinge aufnehme und vor 25 Jahren auch noch mehr Menschen Zuflucht geboten habe. Es gelte insgesamt, solidarisch untereinander zu sein mit den europäischen Partnern. Es sei wichtig, dass Frankreich mit seinem neuen Präsidenten erfolgreich sei, um zu verhindern, dass der Front Nationale doch noch an die politischen Hebel komme. Auch ein starkes Spanien und ein gesundes Italien helfen dem gemeinsamen Europa. „Jedes Land hat seine Stärke, von dieser Vielseitigkeit profitieren wir alle“, betonte Wulff.

Christian Wulff diskutiert mit Langener Schülern

Bei der Nachfrage wie Integration gelingen könne, antwortete der Politiker, dass dies nur über Bildung, Ausbildung und die Chance, am Arbeitsmarkt teilzuhaben, gelingen könne. Und, dass es wichtig sei, auch bei Missständen genau hinzuschauen. In der Diskussion mit den Schülern beantwortete der charismatische Gast aus Hannover noch viele Fragen und suchte auch nach der Veranstaltung das Gespräch mit den Schülern. Einen wichtigen Tipp gab Wulff einem Schüler auf die Frage nach dem besten politischen Karriereweg noch mit auf den Weg: „Ich war schon in der Schülervertretung und bin dann in der politischen Jugendorganisation meinen Weg gegangen – das kann schon mal funktionieren“, ermutigte er die Abiturienten zu politischem Engagement. Lehrer Stefan Trier war sehr zufrieden – der Jubiläums-Salon war ein voller Erfolg. Zweieinhalb Jahre hartnäckige Arbeit und mindestens 30 Telefonate mit dem Büro von Christian Wulff, um den ehemaligen Bundespräsidenten nach Langen zu holen, haben sich gelohnt.

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