Begehung mit Forstamtsleiter Roland Piper und Revierförster Stefan Neubrandt Langener Wald leidet nach Unwetter

Revierförster Stefan Neubrandt (rechts) führte die Spaziergänger zu erheblich geschädigten Ecken des Stadtwalds. Foto: Jost

Langen (njo) – Die ungemütlichen Temperaturen und der Dauerregen hält die Wald-Interessierten nicht ab: gemeinsam mit dem neuen Forstamtsleiter Roland Piper, Diensthund „Bolle“ und Revierförster Stefan Neubrandt spazieren rund 30 Interessierte durch den Langener Wald. „Bei Sonnenschein können’s doch alle“, sagt Katy Walther, Landtagabgeordnete der Grünen unter ihrer Kapuze, die den Rundgang organisiert hat.

Stefan Neubrandt führt die Besucher die besorgniserregenden Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre, die deutliche Spuren im Wald hinterlassen haben, vor Augen: „Die Hitze 2018 hat unsere Wälder sehr geschwächt. Schon der erste Tornado im Herbst 2018 hat uns hier in Langen vier Hektar Buchenwald gekostet“, erinnert er an das Areal, das auch die Existenz des Kletterwalds zerstört hat. Das schwere Unwetter Mitte August hat sogar noch drastischere Auswirkungen: „Der Schaden war doppelt so groß: acht Hektar Wald sind komplett zerstört“, zeigt Neubrandt der Gruppe eine Brachfläche, die nur noch aus einem Urwald umgestürzter Buchen besteht. Hessen Forst habe viele Flächen schon zu weiten Teilen aufgeräumt – aber die Waldarbeiter kommen eben kaum hinterher, das Holz aus dem Wald zu räumen. „Hier ist das im Moment noch nicht ganz so dramatisch, die Bäume sind noch mit den Wurzeln verbunden. Ist das nicht der Fall, fault gerade die Buche ganz schnell weg. Aber wir werden hier im Winter die Bäume einschlagen“, kündigt Neubrandt an.

Natürlich können die Waldbesitzer (Staat und Kommune) auch die vom Sturm gefällten Bäume noch vermarkten – allerdings nicht ohne wirtschaftliche Einbußen, wie Piper erläutert, „Der Preis ist lebt natürlich von Angebot und Nachfrage und die große Menge an bereit stehendem Holz, lässt die Preise in den Keller gehen“, weiß der Forstamtsleiter. Derzeit machen sich die Fachleute Gedanken um die Aufforstung. Die Fichte habe bei den aktuellen klimatischen Bedingungen kaum noch Überlebenschancen. Die Stürme Vivien und Wiebke haben in den 90er Jahren schon 95 Prozent der Nadelbäume niedergestreckt – die letzten fünf Prozent sind nach der Hitze und einem daraus folgenden Pilzbefall tot. „Ich gebe der Eiche die besten Prognosen – allerdings bedarf ihre Aufzucht etwas Arbeit und längerfristige Pflege“, so Fachmann Piper. Grundsätzlich, sind sich Neubrandt und Piper einig, ist ein Mischwald wünschenswert, um möglichst breit für die Zukunft aufgestellt zu sein. Ganz so leicht ist es nicht, den Wald in seiner ganzen Pracht wiederaufzubauen. Das Pflanzenmaterial, spricht die Jungbäume, seien in der jetzt großen benötigten Zahl gar nicht zu bekommen. Außerdem ist die Pflege der großen Jungbaum-Areale dann Zeit- und kostenintensiv. Ein Waldarbeiter pflanze in der Stunde 40 Bäume – was das bei den großen Flächen bedeute, kann sich jeder ausrechen. Und alleine mit dem Setzen der Bäumchen ist es nicht getan. „Gerade die Eiche muss gut vor dem Wild geschützt, und auch immer wieder freigeschnitten werden“, erläutert Roland Piper. Das könne ein Revierleiter alleine gar nicht mehr leisten. Ein dichter Mischwald, mit alten, großen Bäumen sei dann Zukunftsmusik, die wir alle nicht mehr erleben werden: „Von der Pflanzung bis zur Ernte dauert es rund 160 Jahre“, erklärt Revierförster Neubrandt die langen Prozesse in der Waldwirtschaft.

Frank Diefenbach, grüner Landtagsabgeordneter und Sprecher für Wald und ländlichen Raum in seiner Fraktion betont, dass es auch ein politischer Wunsch ist, dass die Weichen für eine gesunde Zukunft des Waldes gestellt werden. Er berichtet von einem zwölf Punkte Plan. Dabei sollen aus den Landestöpfen nicht nur 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, die Grünen wollen in ihrer Rolle in der Landesregierung auch für eine bessere personelle Ausstattung der Forstämter und eine nachhaltige Anpflanzung im Wald sorgen.