WEIHNACHTSMARKT Neuerungen kommen an, müssen sich aber noch rumsprechen Not macht erfinderisch

Und ab geht die Fahrt: Das Kinderkarussell lockte vor allem Familien auf den Schneidhiwwelplatz.

Langen – Die Feststimmung beginnt diesmal schon ein paar Meter früher. Die bunten Neonlichter des Kinderkarussells sind auch in der Dunkelheit von Weitem zu sehen und locken viele Familien auf den Schneidhiwwelplatz, der zum ersten Mal Teil des Langener Weihnachtsmarkts in der Altstadt ist. „Morgen Kinder wird’s was geben“, schallt es aus den Boxen, während sich die Besucher am Stand des Wingerthofs mit einem heißen Apfelwein aufwärmen, die Kerzen und Schlüsselanhänger des Schulgründungsvereins Lanika begutachten oder sich mit einer Wildschweinbratwurst vom Schwenkgrill stärken.

Oder mit Cevapcici im Fladenbrot, die gibt es bei Goran Nojic. Der Langener und seine Ehefrau Cana spielten schon seit Jahren mit dem Gedanken, das Essen aus ihrer serbischen Heimat am Weihnachtsmarkt unters Volk zu bringen. Diesmal hat es geklappt. „Es ist schön, dabei zu sein“, sagt Goran Nojic, der jedoch ein wenig mit dem Standort neben der ehemaligen Mühle hadert: „Viele wissen gar nicht, dass es hier noch was gibt, und kommen schon mit vollem Magen an. Ich wäre lieber vorne am Vierröhrenbrunnen.“ Aber bei den eisigen Temperaturen geht auch Nojics heißer Sliwowitz gut weg.

Alexander Lorke ist hinter den riesigen Türen des LKG-Adventskalenders kaum zu sehen. Auch die Langener Karnevalisten sind auf den Schneidhiwwelplatz umgezogen, nachdem sie jahrzehntelang vor der Stadtkirche anzutreffen waren. „Die Leute erwarten uns eigentlich dort und müssen sich erst mal dran gewöhnen, dass wir jetzt hier sind“, sagt Lorke. „Aber der Platz ist sehr schön – eine gute Idee, den Markt auszuweiten.“ Für 2,50 Euro darf man bei der LKG ein Türchen öffnen und findet dahinter ein kleines Geschenk, etwa Weihnachtsdeko oder ein Stofftier. Viele nutzen diese Gelegenheit.

„Man merkt, die Leute möchten wieder gesellig sein, sie möchten raus“, ist Lorkes Eindruck.
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Und der bestätigt sich, je später der Abend wird: An vielen Stellen gibt es kaum ein Durchkommen, die Schlangen an den Imbissbuden sind bis zu zehn Meter lang. „Es ist den Leuten ein Herzensding, wieder auf den Weihnachtsmarkt gehen zu können“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Verkehrs- und Verschönerungsvereins (VVV), Olaf Hermann.

Der Heimatverein stellt den Markt mit 80 Ehrenamtlichen auf die Beine und hat einige Änderungen vorgenommen – zum Teil notgedrungen: So ist die Erweiterung des Geländes dem Brand- und Infektionsschutz geschuldet. Und auch beim kulinarischen Angebot gibt es eine Auffälligkeit: Erstmals seit Jahrzehnten fehlt die Familie Hausmann – auch Schausteller haben Personalprobleme. „Ich denke, wir haben das zu 100 Prozent aufgefangen“, sagt VVV-Vorsitzender Chris Muth jedoch. So gibt es neben der klassischen Bratwurst auch französische Galettes mit Rucola, Flammkuchen mit Handkäs, veganes „Tofu Fried Chicken“, heißen Heidelbeerwein, Bratapfelpunsch oder Eintracht-Gin.

Zum ersten Mal dabei ist auch das Jugendforum. Das Langener Nachwuchsparlament bekam den Stand vor der Stadtkirche vor drei Wochen angeboten, da eine Kunsthandwerkerin abgesagt hatte. Die Jugendlichen haben Spenden für ein Schrottwichteln gesammelt und verkaufen nun für wenige Euro Überraschungspakete. Der Erlös fließt in die geplante Freizeitfläche. „Wir haben so viele Sachspenden bekommen, das hier in der Hütte ist nicht mal die Hälfte“, sagt die Vorsitzende Leonie Borst. „Und es sind echt coole Sachen dabei.“

Der Hauptgewinn ist ein Glückskeksbackautomat, auch schöne Vasen, Kuscheltiere oder Puzzles finden neue Besitzer. „Viele packen ihr Geschenk aus und kommen direkt wieder, um sich noch eins zu holen“, freut sich Borst, dass der Stand so gut ankommt. Nächstes Jahr will das Jugendforum wieder dabei sein.

Noch nicht so ganz rumgesprochen hat sich die neue Kinderbetreuung im Haferkasten. Die sechs Jungen und Mädchen, die vorbeigekommen sind, haben trotzdem ihren Spaß. Mit Cornelia Use von der Evangelischen Kirchengemeinde Langen basteln sie aus Papprollen witzige Schneemänner mit Socke auf dem Kopf und bekleben alte Joghurtgläser mit Schneeflocken. „Es ist in Ordnung, dass es nur eine kleine Runde ist“, sagt Use. „Wir wollten die Eltern einfach ein bisschen entlasten und werden es nächstes Jahr auf jeden Fall wieder anbieten.“

Ernst Seewald lehnt derweil beschäftigungslos an einem Stromkasten. Der Inhaber des Langener Christbaumparadieses, normalerweise hinter der Stadthalle vorzufinden und ebenfalls das erste Mal auf dem Weihnachtsmarkt vertreten, wartet vergeblich auf Kundschaft. „Es war einen Versuch wert, vielleicht sind die Leute Ende November noch nicht so weit“, sagt er. Seine Nordmanntannen, erst vor drei Tagen im Spessart geschlagen, halten aber „locker bis Januar“, verspricht Seewald. Enttäuscht ist er nicht: „Ich sehe es als Werbung. Wenn ein paar Leute mich hier sehen und dann an die Stadthalle kommen, ist alles okay.“

Der Weihnachtsmarkt ist am zweiten Adventswochenende noch einmal geöffnet: Freitag von 17 bis 21 Uhr, Samstag von 15 bis 21 Uhr und Sonntag von 14 bis 20 Uhr.  msc