Neujahrsempfang der Stadt Langen Trotz Krisen gut vorangekommen

Händeschütteln geht wieder: Bürgermeister Jan Werner, seine Frau Nataliia Tuchkova und Stadtverordnetenvorsteher Stephan Reinhold begrüßen die Gäste.

Langen – Das leicht körnige Video auf der Leinwand im Saal der Stadthalle zeigt jubelnde Menschenmassen vor einer Bühne, dann ertönt das berühmte Gitarren-Intro zu „Enter Sandman“. Die Kamera schwenkt zu James Hetfield und seinen Bandkollegen, die abrocken. Metallica zur Eröffnung des Neujahrsempfangs der Stadt – das hat’s noch nicht gegeben in Langen.

Bürgermeister Jan Werner, zusammen mit Stadtverordnetenvorsteher Stephan Reinhold Gastgeber des Abends, outet sich damit vor den etwa 400 Zuhörern im Saal als Metal-Fan, will mit dem Mitschnitt von dem Metallica-Konzert in Moskau 1991 aber vor allem eine wichtige Botschaft unterstreichen. Das Video stamme aus einer Zeit, als Frieden in Europa nach dem Kalten Krieg möglich war. „Für uns hatte die UdSSR, hatte Russland seinen Schrecken verloren. Wir hatten Hoffnung auf eine gemeinsame und friedliche Zukunft“, erinnert sich Werner. Das sieht heute, durch Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, natürlich ganz anders aus. Auch wenn es beim Neujahrsempfang um lokale Themen geht, haben die vergangenen Jahre – in denen der Empfang pandemiebedingt ausgefallen ist – gezeigt, dass die globalen Themen auf die Stadt ausstrahlen. Der Krieg in der Ukraine – durch den übrigens 260 Neubürger in der Stadt heimisch wurden – und seine wirtschaftlichen Folgen, dazu die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die vergangenen drei Jahre geprägt, auf die Werner in seiner Rede zurückblickt. Dafür beginnt der Rathauschef optimistisch: In allen vier Schwerpunkten, die er sich für seine Amtszeit – sie begann im Juli 2020 – gesetzt hatte, sei die Stadt erfolgreich gewesen. Beim Ausbau der Kinderbetreuung kann Werner seitdem 175 neue Betreuungsplätze nachweisen. In diesem Jahr sollen 284 weitere geschaffen werden. Auf der „Haben-Seite“ nennt Werner überdies den neuen Treff Startpunkt der Haltestelle für Senioren und die neuen Ärzte, die sich niedergelassen haben.

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Die Wirtschaftsförderung, Werners zweites großes Anliegen, hat mit dem Stadtexperiment Neuland betreten. „Dort wird ja kein komplett ausgearbeiteter Plan umgesetzt, sondern eben experimentiert. Das ist für eine Verwaltung durchaus nicht alltäglich“, sagt er. Das Experiment läuft noch bis zum Jahresende. „In der Bevölkerung und bei den Gewerbetreibenden ist die bisherige Resonanz auf die Veränderungen zum größten Teil positiv“, sagt der Rathauschef. Wichtig ist, dass sich Unternehmen in Langen ansiedeln. Für 2022 liegen die Gewerbesteuereinnahmen bei etwa 20 Millionen. „Ein Betrag, der sich sehen lassen kann“, sagt Werner. Der Advancis Campus und der Orangery Coworking-Space sollen dieser Entwicklung noch Auftrieb geben. Froh ist man im Rathaus natürlich auch über die großen „Fische“ – den geplanten PEI-Neubau auf dem Kronenhof und die dort ansässige international agierende Firma AAM.

Werners Schwerpunkt Mobilität trage die Verwaltung mit dem Ausbau des Radschnellwegs, dem Hopper, der Planung für RTW und Straßenbahn Rechnung. Bei der Tram hält es Werner für richtig, dass das Stadtparlament auf Basis von verlässlichen Daten eine Entscheidung trifft. „Damit wir nicht erneut den Fehler machen und dem Zug nur hinterherschauen, beteiligen wir uns an den Planungen. Wir werden in diesem Jahr wissen, wie der Linienverlauf in Langen sein wird“, sagt er in Bezug auf das nachträgliche „Aufspringen“ bei der RTW. Zu seinem vierten Schwerpunkt – die nachhaltige Entwicklung der Stadt – zählt Werner nicht nur die Pflanzung von mehr als 300 Bäumen im Stadtgebiet auf, sondern auch die weitere Beteiligung am Programm „Zukunft Innenstadt“ mit der „Grünen Mitte“ und „Kinder im Zentrum“.

Der Ausbau der Schulen sei auch unabdinglich. An der Sonnenblumenschule wächst der Neubau und die Planungen für die sechste Grundschule im Neubaugebiet Liebigstraße laufen. Viele weiterführende Schulen in der Stadt, allen voran die Dreieichschule, haben weiter Platzprobleme. In seinem Kommentar zur Entscheidung des Stadtparlaments gegen eine Erweiterung des Gymnasiums auf dem Stadtgarten, kann sich der Bürgermeister die Polemik nicht verkneifen: „Mir sind die Kinder an der Dreieichschule einfach wichtiger als die sechs Bäume im Stadtgarten.“ Zumal die Stadt regelmäßig Bäume nachpflanze und der „Schülertourismus“ nach Frankfurt oder Darmstadt CO2-technisch schwerer ins Gewicht falle.

Die Schulen sind auch von einer der größten Herausforderungen betroffen, die der Bürgermeister für die kommenden Jahre sieht: den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026, der die Stadt nicht nur räumlich, sondern auch finanziell vor Probleme stellt. Ohne Hilfe vom Land werde das nicht gehen, sagt Werner. 2023 müsse auch eine Entscheidung zum – derzeit eingezäunten – Paddelteich fallen und zur Gestaltung des Grünzugs nördlich des Baugebiets Liebigstraße getroffen werden. Beruhigend sei für Werner hingegen die spürbar große Solidarität der Langener untereinander in der Krise. „Das gibt Hoffnung, dass wir gemeinsam diese schwierigen Zeiten meistern werden“, schließt der Rathauschef, bevor der SSG-Chor Ebbelvoices für den musikalischen Ausklang des Neujahrsempfangs sorgt – passend zum Intro unter anderem mit „Nothing Else Matters“ von Metallica.