Haushaltsausgleich im Jahr 2020 möglich Wachstum braucht in Langen noch Zeit

Symbolbild: Schäfer

Langen (red) – Die Stadt Langen sei heute attraktiv wie selten in ihrer Geschichte – ist aus dem Rathaus zu hören. Investoren geben sich die Klinke in die Hand, Immobilien sind gefragt, neue Stadtteile und Einkaufszentren entstehen genauso wie der Multipark und der Technologiepark im Wirtschaftszentrum.

 „Wir haben sehr gute Perspektiven und Chancen“, betonte Bürgermeister Frieder Gebhardt in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung bei der Einbringung des Haushalts für das kommende Jahr. Trotzdem: Auch der neue Etat (Erträge: 84,5 Millionen – entspricht einem Plus von acht Millionen, Aufwendungen: 90,8 Millionen – ein Plus von 4,7 Millionen Euro) ist nicht ausgeglichen. Das Defizit von 6,3 Millionen Euro fällt zwar deutlich geringer aus als in diesem und im vergangenen Jahr, als jeweils ein Minus von knapp zehn Millionen Euro zu verkraften war. Das für 2017 prognostizierte Ergebnis beinhaltet allerdings besondere Effekte wie vor allem höhere Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich. Eine dauerhaft verbesserte Finanzsituation spiegeln die Zahlen laut Gebhardt hingegen noch nicht wider.

Der Kämmerer machte in seiner Haushaltsrede gleichwohl deutlich, dass Langen auf einem guten Weg in die Zukunft ist. Die Weichen seien – wie in den Leitgedanken zur Stadtentwicklung formuliert – durch Wachstum im Wohnen und im Gewerbe gestellt. Die Früchte dieser Entwicklung beginnen zu reifen – „doch sie reifen langsamer als es den Vorstellungen und Vorgaben dieser Stadtverordnetenversammlung und denen der Aufsichtsbehörde entspricht“.

Das Quartierszentrum und das Wohngebiet an der Liebigstraße, die rege Bautätigkeit im Langener Norden und im Belzborn oder die Errichtung der neuen Kita dort als Voraussetzung für die Feuerwehrerweiterung und den Umzug des Bau- und Wertstoffhofs – all das bringe die Stadt voran. „Wir haben die Wirtschaftsförderung und unser Standortmarketing neu aufgestellt, haben weitere Gewerbeflächen an den Markt gebracht“, unterstrich Gebhardt. Weiter Seite 4

Allein bei der Gewerbesteuer ist Sand im Getriebe. Das im Finanzplan und im Haushaltssicherungskonzept für 2017 genannte Aufkommen von 17 Millionen Euro ist nach Gebhardts Worten nicht darstellbar. „Im Gegenteil: Aktuell müssen wir den Ansatz im Nachtrag von geplanten 11,5 Millionen in 2016 auf neun Millionen Euro reduzieren.“ Sagte der Rathauschef im Parlament und nahm jedoch gleich eine positive Änderung vor: „Brandaktuell erreicht uns eine Mitteilung, wonach die Nachveranlagung bei einem Langener Unternehmen knapp drei Millionen Euro Gewerbesteuer zusätzlich einbringt.“ Der Posten bleibt also doch unverändert bei 11,5 Millionen Euro.

Nennenswerte Steigerungen seien erst ab 2021 zu erwarten. Für dieses Jahr geht Gebhardt davon aus, dass es gelingen wird, mindestens zwei bedeutende Unternehmen neu in Langen anzusiedeln. Außerdem sei der Multipark an der Westseite der Bahn mit Hallen-, Büro-, Service-, Ausstellungs- und Produktionsflächen in Kürze komplett fertiggestellt.

Eigentlich verfüge Langen bereits über erfolgreiche Betriebe mit zum Teil herausragenden wirtschaftlichen Ergebnissen, bilanzierte Gebhardt. Doch unternehmerische Erfolgsmeldungen und steigende Umsätze würden nicht zwangsläufig mit kommunalen Steuerzahlungen am Standort in Verbindung stehen. Beispielsweise würden Firmen in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase zwar gute Zahlen schreiben, aber auch verstärkt in eigene Immobilien investieren. Ein weiterer Punkt seien internationale Steuersparmodelle.

Bei der Einkommenssteuer (aktuell 22,3 Millionen Euro), einer weiteren wichtigen Einnahmequelle der Stadt, ist angesichts eines erwarteten Zuzugs von etwa 4.000 Menschen ebenfalls noch reichlich Luft nach oben. Jedoch: Ein Neubürger wirke sich im Einkommenssteueranteil erst in fünf bis sieben Jahren aus, erläuterte Gebhardt. „Wir brauchen also einen langen Atem und viel Durchhaltevermögen – auch gegenüber der Aufsichtsbehörde, die uns ja den Haushaltsausgleich bis 2019 verordnet hat.“ Nach der derzeitigen Planung sei dies nicht machbar, weil der Fehlbetrag dann noch bei drei Millionen Euro liege. Die geforderte „schwarze Null“ sieht der Kämmerer erst fürs Jahr 2020, sogar mit einem Plus von 0,7 Millionen Euro. Enthalten in dieser Prognose sind höhere Grundsteuern, und zwar zusätzlich 50 Punkte jährlich, wie es im Haushaltssicherungskonzept verankert ist und wie es die Aufsichtsbehörden zur Auflage gemacht haben.

Mit denen will der Verwaltungschef jetzt die Situation in Langen erörtern. Das Ziel ist klar: Es geht um ein weiteres Jahr Aufschub bis zum Haushaltsausgleich. Gebhardt wird dabei darlegen, dass die Stadt ihre Hausaufgaben erledigt, dass sie eisern spart, auf der Ausgabenseite aber immer stärker fremdbestimmt wird. Besonders durch die höhere Kreis- und Schulumlage und ständig steigende Kosten für den verpflichtenden Ausbau der Kinderbetreuung. Bei diesem Punkt ließ Gebhardt in seiner Haushaltsrede kein gutes Haar an den Akteuren in Wiesbaden: „In kaum einem Bundesland ist die Kostenbeteiligung der Kommunen an der Kinderbetreuung so hoch wie in Hessen. Der Beitrag des Landes von 17 Prozent nimmt sich im Vergleich zu Bayern (47 Prozent) und Baden-Württemberg (59 Prozent) mehr als bescheiden aus. Schon eine Drittel-Regelung würde uns um einen siebenstelligen Betrag entlasten.“

Sollten die Gespräche mit den Aufsichtsbehörden scheitern, käme es zur vorläufigen Haushaltsführung unter deren Kuratel. „Das würde uns bremsen und lähmen, würde kommunale Investitionen in Straßen, in Kindertagesstätten, in Bildung oder in die Breitbandversorgung verhindern, die Förderung des Kultur- und Vereinslebens zum Erliegen bringen, private Investitionen behindern und so unsere gemeinsame Zukunft beschädigen. Denn die positive Entwicklung und das Wachstum unserer Stadt sind das Fundament für die Annahmen im Finanztableau“, argumentierte Gebhardt.