„Manches deutet darauf hin, dass von Nadira Victoria Friedrich eines Tages auch überregional zu hören sein wird“ 14-jährige Ruderin räumt bei den U 17-Meisterschaften ab

Kein riskanter Tipp, dass von Nadira Friedrich in absehbarer Zeit auch überregional aus dem Boot zu hören sein wird. Foto: man

Mühlheim (man) – Bei Kindern und Jugendlichen lässt sich noch weniger als bei Erwachsenen sagen, wie sich jemand in seiner Disziplin entwickelt. Manches deutet jedoch darauf hin, dass von Nadira Victoria Friedrich eines Tages auch überregional zu hören sein wird.

Unter der Fahne des Mühlheimer Rudervereins (MRV) 1911 räumte die 14-jährige vor kurzem bei den Hessischen U 17-Meisterschaften gegen ältere Konkurrenz zwei Titel ab.

Zu behaupten, Nadira sei durch einen Zufall zum Rudern gelangt, wäre falsch. Die SG Wiking aus Offenbach taucht regelmäßig mit einem Ruderergometer im Schlepptau im Sportunterricht von Gymnasien und Gesamtschulen auf. Trainer Demir Türsan und der Vereinsvorsitzende Detlef Reissmann haben einen speziellen Blick, aus wem was werden kann. „Man sieht es an der Koordination von Muskelpartien“, erklärt Reissmann. Die auf dem Simulator über 500 Meter gemessene Zeit liefert objektive Daten. Trainer Türsan fragte Nadira, ob sie Lust habe, sich in ein echtes Boot zu setzen. Von da ab nahm alles seinen Lauf.

Bei den U 17-Landesmeisterschaften startete die Rumpenheimerin für den Mühlheimer Ruderverein (MRV) 1911. Auf der Fulda bei Kassel gewann die 14-jährige Ende August die 1.000 und 500 Meter mit jeweils formidablem Vorsprung gegen eine mindestens ein Jahr ältere Konkurrenz.

Schon ein Jahr nach ihrem ersten Ruderschlag hatte Nadira in der Kinderklasse bei Landesmeisterschaft vorne gelegen, im Trikot der SG Wiking. Ein Jahr später gewann sie im Einer und Vierer wieder die Landesspiele. Auf Bundesebene siegte Nadira auf dem Ergometer.

Jugendliche Kicker nennen als Vorbilder oft Spieler wie Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi, auch wenn sie ahnen, dass deren Talent weit jenseits der eigenen Möglichkeiten liegt. „Meine Vorbilder sind Marie-Luise Dräger und Moritz Wolff“, betont die Gymnasiastin aus der neunten Klasse von der Offenbacher Leibnizschule.

An der fünffachen Weltmeisterin Dräger gefällt Nadira, dass sie es mit 38 Jahren schaffte, sich für die Olympischen Spiele in Tokio zu qualifizieren. Bei Moritz Wolff, dem U-23 Vize-Weltmeister im Doppelvierer der Männer, ist es der Stil, mit dem der 19-jährige sein Boot übers Wasser gleiten lässt.

Jugendliche, die sich ernsthaft dem Rudern widmen, unterscheiden sich schon einmal per se von Altersgenossen.

Zum einen verträgt sich Rudern nicht mit Disziplinen wie Kiffen, Rauchen oder Komasaufen. Wer ungesund lebt, fällt ab.

Junge Fußball- oder Tennisspieler können zumindest davon träumen, dass ihnen die Nation einmal huldigt, dass sie einmal für Rasierwasser und Geländewagen posieren werden, während sich auf dem Konto die Millionen summieren. Wer rudert weiß, selbst Olympiasieger landen nach dem Interview im Sportstudio wieder in der Anonymität. Die Fernsehsender ignorieren die Sportart.

Junge Ruderer sind meist nicht nur schnell auf dem Wasser, sondern oft auch gut in Mathe oder Englisch. Das trifft auch auf Nadira zu. In der Regel kommt die junge Athletin um vier nach Hause, isst und rauscht zum Training weiter.

Die Hausaufgaben erledigt sie abends.

Die engagierte Mutter Reinhild Friedrich betont, Nadira bräuchte keine Motivation von außen, „sie brennt fürs Rudern“. Sie beobachte, wie ihre Tochter auf dem Wasser entspanne, ihren eigenen Rhythmus finde, „die zwölf Stunden pro Woche im Boot bedeuten das Gegenteil von Stress für sie“. Nur sonntags bleibt die Leistungssportlerin auf dem Trockenen, falls nicht gerade ein Wettkampf ansteht.

Nadira Friedrich startet für den MRV 1911, trainiert aber seit dem 1. August bei der Offenbacher Rudergesellschaft Undine 1876 in einer exklusiven Gruppe um den Übungsleiter Jochen Weber, der ansonsten als Bundestrainer für die Deutschen Para-Ruderer arbeitet.

Bei einer 14-jährigen lässt sich noch nicht sagen, was die Zukunft bringt.

Auch Parameter und Interessen junger Leistungssportler verschieben sich mitunter deutlich. Man könne deshalb nie seriös prophezeien, wie sich jemand entwickelt, betont der Pädagoge und Mitentdecker Detlef Reissmann: „Über Talent für die Spitze verfügt Nadira allemal“.