Schul-Ausstellung des Geschichtsvereins im Stadtmuseum 30 Teilnehmer drücken noch einmal die Schulbank

Beim Erzählcafé des Geschichtsvereins Mühlheim lebten alte Erinnerungen wieder auf und es wurde munter über die damalige Schulzeit berichtet. Foto: m

Mühlheim (m) – „Erst kann man nicht abwarten, bis man endlich in die Schule kommt, dann kann man es kaum erwarten, dass man raus kommt.“ Gerda Brinkmann weiß, wovon sie spricht.

Die Organisatorin der Schul-Ausstellung im Stadtmuseum ging von 1944 bis ‘94 zur Schule – zuletzt als Rektorin. Jetzt begrüßte sie rund 30 Teilnehmer zu einem Erzählcafé des Geschichtsvereins.

„Schule ist ein wesentlicher Bestandteil des Lebens, schafft Grundlagen, wie man mit seinen Mitmenschen zurechtkommt“, eröffnete Vorsitzender Karl-Heinz Stier den Nachmittag. Auf dem Podium begrüßte er auch Brinkmanns Schulfreundin Maria Häuser und dem „Lämmerspieler Bub“ Nikolaus Roth. Er zählte Namen von Lehrern auf, die auch Besucher noch kennen.

Da auch die meisten Zuhörer während der Kriegsjahre eingeschult wurden, drehten sich viele Erinnerungen um Sirenengeheul, Voralarmierung und die Flucht im Schneesturm aus dem Klassenzimmer nach Hause oder in den Luftschutzbunker. Oft rannten Eltern ihren Kindern entgegen, warfen sich bei Flieger-Angriffen in matschige Gräben.

Auf dem Pult lag ein Rohrstock, der auf die Strafen in den 40ern hinwies. In Stiers Klasse schlug der Pfarrer die Übeltäter unter den 66 Schülern mit seiner Schildmütze.

Auch Nachsitzen und das -zigmalige Schreiben einer Anweisung waren verbreitete Maßregelungen. „Wer in der Schule eine Strafe aufgebrummt bekam, erhielt daheim noch eine“, waren sich viele der Senioren im Museum einig.

Die Grundschullehrerinnen waren damals üblicherweise unverheiratet. So auch Fräulein Bartels aus Ostpreußen, die jedoch mit 72 Kindern in ihrer Mühlheimer Klasse fertig geworden ist! In Lämmerspiel, erzählten Besucher, gab es große Brezel statt einer Zuckertüte. Und auch Eltern, die wenig Geld hatten, gingen in Dietesheim mit ihrem ABC-Schützen zum Fotograf Rau. Nikolaus Roth erlernte 1941 das Alphabet in den ersten zwei Monaten noch in Sütterlin-Schrift.

Dort unterrichtete Fräulein Guthier in ihrem Klassenraum im Lämmerspieler Rathaus mit Pelz und Handschuhen - der Rektor bekam einen Lachanfall, wusste Roth.

Turnhallen gab’s nicht, Sport fand oft in einem der Säle statt. „Wer mit einem bisschen Anlauf über den Bock sprang, ist an der Wand gelandet“, schilderte Gerda Brinkmann.

„Dafür haben wir im Wald Räuber und Gendarm gespielt“, warf Maria Häusler ein. Als Kinder waren sie viel draußen, stapelten sich zum Ärger des Bauern das Heu, ließen Drachen steigen und übten sich im Winter auf der zugefrorenen Rodau oder auf vereisten Lachen im Schleifen, also im Schlittern, und im Eishockey. Unangenehm war die Läusekontrolle mit der Eisenkralle. Flüchtlingskinder, die sich über Wochen nicht waschen konnten, hatten das Ungeziefer mitgebracht. Die Schulspeisung bestand aus Brühe mit Brötchen, eine „Mehlpampe“ und Haferflockensuppe. „Die Amerikaner haben Erdnüsse mit Suppenlöffeln verteilt“, schilderten die Frauen. Streiche haben sie freilich auch gespielt.

Karl-Heinz Stier legte mit seinen Freunden Geldbörsen an einer Schnur auf den Bürgersteig. Bückte sich jemand danach, zogen sie das Täschchen durchs Kellerfenster weg. Ein Gast beschrieb, wie sie mit Schneebällen das Fenster der Lehrer-Wohnung eingeworfen haben.

Es gab aber auch schöne Momente im Schülerleben.

Die Goetheschüler durften sich in der nahen Rodauschule unter die Höhensonne setzen. Einige zelteten sogar im Odenwald. Und die Ehefrau des strengsten Pädagogen führte eine Theatergruppe, und zum Lehrer Kürten gingen sie alle in die Singstunde, denn der sah aus wie ein Gesangsstar.