Kleingartenverein an der Forsthausstraße feiert Gartenfest „In den 70ern gab es noch Schwengelpumpen, heute ist es Leitungswasser“

Auf dem Bild ist Rolf-Werner Mätz zu sehen in „Rolf’s Sterngarten mit Teich, Kirschbaum und großer Gartenlaube. Foto: nj

Mühlheim (nj) – Das Gartenfest des Kleingartenvereins an der Forsthausstraße war dieses Jahr auch der Geburtstag zu 100 Jahren Vereinsbestehen. Am letzten Wochenende im Juni haben die Hobbygärtner zusammen mit Freunden bei Cocktails und Gegrilltem gefeiert. Doch ganz so einfach ist die Vereinsgründung nicht zurückzuführen, denn die genauen Hintergründe sind komplizierter, als man denkt. Doch das Kleingartenidyll ist bei jungen Familien voll im Trend und die Wartelisten sind gefüllt. Wer denkt, ein Kleingarten ist spießig, ist an der Forsthausstraße weit gefehlt. Ein lockerer Umgangston, nette Nachbarn und ein frischer Vorstand sorgen für Ausgewogenheit. Gartenzwerge, so wie es früher mal war, findet man selten. Dennoch ist das kleine Stück Grün mit vielen Gesetzten und Regeln belastet. Bestes Beispiel ist da die Flächenregel für Nutzgemüse. Laut Ordnung müssen ein Drittel des Gartens für Nutzpflanzen vorhanden sein. Der Leipziger Arzt Moritz Schreber hatte Mitte des 19. Jahrhunderts als Orthopäde den Anstoß gegeben sich in einem Kleingarten zu betätigen, sein Mitstreiter Ernst Innozenz Hauschild war der erster, der einen Schreberverein gründete. Klare Regeln und genaue Vorstellungen machen eine solche Ruhezone des Alltags eben zu dem, was es heute ist. „Es ist das kleine Paradies fernab des heimischen Balkons“, erzählen viele Besitzer. Da ist ein Stück Grün in dem gegrillt, gefeiert und gegärtnert werden kann eine gelungene Abwechslung zum normalen Alltag. Geht man durch den Verein, sind Tür an Tür die rund 90 Parzellen. Mit durchschnittlich 300 Quadratmetern sind die Lauben etwas kleiner, als bei den benachbarten Vereinen, aber das schätzen viele, denn es ist weniger Arbeit. Das Lieblingsgemüse der Hobbybauern ist eindeutig die Tomate. „Verschiedensten Sorten und auch ganz alten Samen pflanzen wir an und geben sie auch weiter“, erzählt Beate O’Neil, Schriftführerin. Weiter erzählt sie, dass der Vereinsgedanke mit den Rechten und Pflichten eines Kleingartens wieder mehr aufleben soll. Viele Gartenbesitzer sehen nur die Erholung, aber der Grundgedanke an sich ist die Selbstversorgung des einfachen Menschen mit Kartoffeln, Kohlrabi und weiteren leckerem Obst und Gemüse.

Interessenten gibt es viele. Oft sind es Familien mit Kindern, die einen Ort zum Erholen suchen. Die Mitglieder im Verein sind in der Regel erst drei bis sechs Jahre in ihrem Garten. Ein Generationenwechsel wie in vielen Vereinen gibt es auch hier, nur ist es genau umgekehrt. Wo an manch andere Stelle die jungen Menschen ausbleiben, wollen viele einen Kleingarten haben. Der Trend zum selbst anpflanzen, aber auch ein gewisser Lifestyle verbindet den alten deutschen Brauch mit aktuellen Entwicklungen. Ein Beispiel für eine lange Korporation ist Edith Klettke. Sie ist mit 82 Jahren eine der ältesten aktiven Gärtnerinnen. In den 70 er hat sie eine Parzelle in dem Verein übernommen. „Bevor die Gärten entstanden, waren hier Wassergruben“, erzählt sie. Das Stahl-Schanz hat in dem Gebiet eine Industriehalle gehabt und auf der Parzelle von Frau Klettke stand ein Ausstellungsraum für Türzargen. „Die schlechte Zeit brachte die Idee zu einem Garten“, fügt sie hinzu. Bekannt ist ihrer unter den Mitgliedern als „Bauergarten“. Viel Obst und Gemüse wächst in den Beeten. Zwischendrin immer mal wieder eine Blume. „Das entscheide ich ganz spontan“. Inzwischen kann sie unter den großen Bäumen gemütlich Zeitung lesen, genug Schatten spenden sie. Auch über die Geschichte des Vereins weiß sie genau Bescheid. Früher waren der Gartenverein Maienschein und der an der Forsthausstraße ein Verein, doch in den 70ern trennten sich die Wege, da die Geldpolitik den damaligen Besitzern nicht gefallen hat. Seitdem ist der Verein eigenständig, doch existiert schon seit rund 100 Jahren. Auch ist die Anlage wesentlich größer gewesen. Da wo heute die Grundschule steht, waren früher weitere Parzellen. Ein paar Zäune neben Klettkes kleinem Paradies spielen Kinder in einem Pool. Die Großeltern sorgen extra für ihre Enkel auf der Wiese für Abkühlung. Im vorderen Bereich wachsen Kartoffeln und Sellerie. Ein paar Türen weiter feiern mehrere Familien eine Grillparty. Gastfreundlich sind sie viele und wenn untereinander mal etwas vom Angepflanzten übrig bleibt, bekommt es der Nachbar. Ein weiterer Vorzeigegarten ist die Anlage von Rolf-Werner Mätz (Foto). Seit drei Jahren ist er Rentner und besitzt ebenso lange ein Stück Grün. „Das Fundament des prachtvollen Gartens hat der Vorbesitzer in mühevoller Kleinarbeit gelegt“, erzählt er. Nun ist seine Aufgabe das Werk weiter zu führen. Mit viel Liebe zum Detail findet man direkt am Zaun im Hochbeet einen Mercedes-Stern aus Beton. Der ehemalige Mercedes Verkäufer ist durch und durch im Stern Fieber. Für ihn bringt der Garten neben Tomaten auch Gurken, Radieschen, 5 verschiedene Sorten Kartoffeln und viel Obst. „Sonntags komme ich nur zum gießen“. Oft kommen Freunde und mit den Nachbarn wird des Öfteren Essen getauscht.

Ein Kleingarten ist eben ein kleines Paradies mitten in der Stadt, der, wenn die Regeln eingehalten werden, die Entspannung des stressigen Alltags sein kann.