Musikverein Dietesheim mit traditionellem Weihnachtskonzert Ausverkaufte Willy-Brandt-Halle im Advent

Um Nachwuchs muss sich der Dietesheimer Verein keine Sorgen machen. Bei dem Jugendorchester muss keinem bange sein. Foto: man

Mühlheim (man) – Natürlich heißt es Weihnachtskonzert, wenn der Musikverein Dietesheim 1904 traditionell zum vierten Advent aufspielt. So wie am 23. Dezember in der wieder mal ausverkauften Willy-Brandt-Halle. Aber das Programm bietet weit mehr als klassisches Repertoire für unterm Tannenbaum. Außerdem war auf die Klasse der drei Orchester wieder einmal verlass.

Anfangs wirbt der Moderator Thomas Uhl um Nachwuchs. Das braucht der Musikverein eigentlich nicht. Das Hauptorchester wirkt alles andere als überaltert, das Jugendorchester genauso wenig ausgedünnt wie das Vororchester. Aber beim Schlagzeug hofft Uhl, demnächst komme vielleicht ein zehnjähriges Kind auf die Idee, sich dem Thema zu widmen. Verschmitzt vermutet der Mann, viele Eltern sehnten sich nach einer Schlagzeuger-Karriere im Haus. Im Konzert selbst lässt sich keineswegs erahnen, dass der Verein auf frischen Nachwuchs in Sachen Schlagzeug hofft. Hinter den Trommeln sitzt im Jugendorchester ein junger Schüler, der vor allem bei „Funk Attack“ von Otto M. Schwarz mit den Stöcken erstaunlich behände umgeht und auf den Trommeln einen langen Solodurchlauf wirbelt.

Gerade bei der Nummer zeigt das Jugendorchester unter Jaroslav Micka sein erstaunlich hohes Niveau, nicht nur was die Virtuosität in den Klarinetten der Trompeten betrifft.

„Funk Attack“ ist kein Stück, was sich einfach so mal dudeln lässt und immer noch einigermaßen nach irgendwas klingt. Mit Leuten, die ihr Horn oder ihre Klarinette nur ab und zu aus dem Koffer holen, klänge die Geschichte nur nach akustischem Brei. Nicht ohne Grund spricht Thomas Uhl vom hohen Stellenwert der Ausbildung. Auch die schnellsten Passagen kommen klar artikuliert, die Einsätze exakt.

Das gilt auch für das Vororchester, das Johannes Busch zum ersten Mal dirigiert. In keinem Konzert eines Blasorchesters darf die Filmmusik zu „Der Herr der Ringe“ fehlen. Auch heute nicht. Manche Instrumente haben ihre ganz spezifischen Probleme. Die liegen bei der Klarinette in der Intonation. Deshalb ist es alles andere als einfach, die Melodiebögen in „May it be“ aus „Herr der Ringe“ tatsächlich so unisono hinzubekommen, wie es den jungen Holzbläsern gelingt.

Als Paradebeispiel für Programmmusik kündigt der Moderator „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski an, dem russischen Komponisten aus dem 19. Jahrhundert, der schon mit 42 Jahren starb. Nicht wie so manche Kollegen an schicksalhafter Syphilis, sondern an schwerem Suff. Besonders in dem Satz „Die Hütte der Baba Yaga“ zeigt sich im pulsierenden Rhythmus der Einfluss Mussorgskis auf seinen Landsmann Igor Strawinsky. Das Hauptorchester unter Frank Winkler spielt das ursprünglich für Klavier geschriebene Stück, das Maurice Ravel orchestrierte und Norbert Studnitzky für Blasorchester arrangierte. Die Dietesheimer beweisen auch am Sonntag, zu den besten Klangkörpern des Metiers zu gehören. Klar beherrscht das Orchesters die komplexen Harmonien und Rhythmen. Das gilt für „Heavens Glory“ von Mario Bürki kein Bisschen weniger, das der Schweizer Komponist direkt für Blasorchester schrieb.

Das hat den großen klanglichen Vorteil, dass die Klarinetten nicht behelfsmäßig den Part der Streicher übernehmen. Die Taktwechsel in den synkopierten Melodien stellen die Musiker vor keinerlei Probleme.

Flott erklingt im Anschluss eine weitere Filmmusik, und zwar ausnahmsweise einmal nicht zu seinem Streifen aus amerikanischer Massenproduktion. „A Symphonic Suite for Concert Band“ schrieb Vladimir Cosma, eine Gesamtkomposition aus Sequenzen zur französischen Komödie „Rabbi Jacob“. Wie Thomas Uhl könnte es auch manchem anderen in der Erinnerung an Kindheit und Jugend gehen, „die Filme mit Louis de Funès fand ich unglaublich komisch“.

Kein Weihnachtskonzert darf ohne Weihnachtslieder über die Bühne gehen:

Zu „Kommet ihr Hirten“ oder „Tochter Zion“ können auch die mitsingen, die rein aus dem Gedächtnis über die erste Zeile nicht hinauskämen.