Mühlentag wurde erstmals auf städtischem Boden gefeiert „Die Bauern kamen gerne in die Müllerstube“

Bei seinen Führungen erläuterte Hans-Jürgen Mloschin den Gruppen unter anderem, wie die Form der Schaufeln ans schwache Gefälle der Rodau angepasst wurden. Foto: m

Mühlheim (m) - Seit 1993 wird immer am Pfingstmontag der Deutsche Mühlentag gefeiert, ein Jahr später war auch der Geschichtsverein Mühlheim dabei. Zweimal ist das Treffen an der Brückenmühle ausgefallen, so im vergangenen Jahr, als Bauarbeiten fast das ganze Gelände vereinnahmten. Jetzt aber besuchten wieder hunderte Besucher die Vergangenheit an der Rodauinsel, tauchten mit einer Führung durchs Gebäude in die Historie ein.

„Zum ersten Mal feiern wir auf städtischem Boden“, freute sich Karl-Heinz Stier. Der Vorsitzende des Geschichtsvereins erinnerte, das Wahrzeichen der Mühlenstadt gehöre nun der Kommune. Die Nachfahren von Müllerin Antonie Krebs haben das Grundstück geteilt und die neue südliche Parzelle an Häuslebauer veräußert. Dort, wo die Scheune stand, entsteht ein Eigenheim, das sich mit seiner Architektur der Mühle und der Altstadt anpassen wird. Neben dem Bauzaun fielen die Verkaufswagen im Hof auf.

Mühlheimer Vereine helfen

In solchen boten die Aktiven des Sängerkranz’ Kuchen vom Bäcker Hoffmann feil. Der Dietesheimer Imker Bernd Müller bot eine interessante Vielfalt an Produkten aus Bienenhonig an. Acht bis zehn Völker sammeln an den Steinbrüchen den Grundstoff für Akazien-, Löwenzahn-, Waldblüten- und Sommerhonig – je nach dem, in welchem Zeitraum Müller die fleißigen Brummer raus lässt. Propolistinktur oder -sticks vereinen die Abwehrkräfte der Biene und helfen gegen Entzündungen. Auch Bärenfang und Piratenblut stammen aus den Stöcken, bei letzterem verarbeitet der Experte Met mit Johannisbeerwein! Wer gute Tropfen aus Trauben bevorzugt, war am Stand des Weinhauses Chalet richtig. Petra und Matthias Stoltze und ihr Team hatten zudem die Zubereitung von Feuer- und Mühlenrädchen übernommen.

Mitglieder des Technischen Hilfswerks in Offenbach hatten eine Brücke aus Gerüststangen über den östlichen Rodauarm gespannt. Der Steg führte auf den Brückenmühl-Parkplatz, auf dem eine größere Fläche für das Abstellen von Fahrrädern ausgewiesen war. Die Idee des Mühlentags stamme nämlich aus Holland, begann Hans-Jürgen Mloschin seine Führungen. „Jeder sollte mit dem Rad zu den offenen Mühlen gelangen können“. Die nächsten seien die Klostermühle in Seligenstadt und die Ölmühle in Niederdorfelden. Die weit über 300 Jahre alte Brückenmühle arbeitete nach dem Landrecht: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst! Die Ausstattung ähnelte den Gebäuden in Ulm, Schwarzwald und Elsass, weil die heimischen Müller dort auf Wanderschaft lernten.

Führungen mit Hans-Jürgen Mloschin

Mloschin erläuterte den Gruppen, wie die Form der Schaufeln ans schwache Gefälle der Rodau angepasst wurden. Bis dahin drehten 60 platte Bretter am Rad. Die neuen sind einen halben Meter breit und gebogen, die Konstruktion maß sechs Meter im Schnitt, das Bachbett wurde eingedämmt und angestaut. Die kaum vier PS Leistung ging zum größten Teil durch die Übertragung verloren, mit noch etwa 1,5 PS wurden zwei Mahlwerke angetrieben.

Später besetzten sie den gusseisernen Kern mit einem Kammrad aus hölzernen Zähnen. Die liefen mit Bienenwachs geschmiert viel leiser. Blockierte und brach ein Gegenstand im Bach die Geräte, musste nur der Kamm aus Weißbuchscheiben mit ihren Sollbruchstellen ausgewechselt werden, nicht das ganze Werk, erfuhren die Zuhörer. Nach der Reparatur gehörte das erste, noch verschmutzte Mehl dem Müller. Ansonsten stand ihm jedes 16. Korn zu.

„Die Bauern kamen gerne in die Müllerstube“, grinste Mloschin, denn dort warteten Äppelwoi und eine schöne Müllerin – oder Müllerstochter. Zwei Stunden hockten sie dort und warteten den Mahlprozess ab. Später wurde die Mühle mit Metallwalzen ausgestattet, die feineres Mehl hervorbrachten. „Der Müller musste da auch ein guter Steinmetz, Schreiner und Mechaniker sein“, beschrieb der Fachmann.