DRK Mühlheim und der Geschichtsverein teilen sich ein Haus an der Lessingstraße Blick ins vergangene Jahrhundert

Karl-Heinz Stier (rechts) vom Geschichtsverein und Rainer Schmitt vom Roten Kreuz in der Abteilung der Mühlheimer Historiker. Die Nähmaschine stammt aus der Produktion der Frankfurter Adlerwerke. Foto; ;Mangold

Mühlheim (man) – In einem der Zimmer wirkt die Szenerie wie in einem Lazarett des Ersten Weltkriegs. In Reichswehruniform stützt sich eine lebensecht wirkende Soldatenpuppe auf Holzkrücken. Das fehlende Bein blieb offensichtlich auf dem Feld der Ehre liegen. Ein Anblick, der nach jedem Krieg die Frage aufwirft: War es das wert? Der DRK-Ortsverein Mühlheim und der Geschichtsverein laden für Sonntag, 22. Mai, zur Einweihung des neuen Domizils in der Lessingstraße 25 ein. Die beiden Vereine mieten dort seit vergangenen Jahr gemeinsam ein Haus. Das klingt erst mal überraschend, ergibt aber spätestens beim Gang durch die Räume einen Sinn.

Zwei Jahre herrschte dort Leerstand. „Ganz früher war das eine Kneipe mit Tanzsaal“, weiß Rainer Schmitt (65), der Mühlheimer DRK-Vorsitzende. Eigentümer der über hundert Jahre alten Immobilie ist die Stadt. Karl-Heinz Stier, der Vorsitzende des Geschichtsvereins, kennt Helmut Müller, den langjährige Pressewart des DRK im Kreis Offenbach. Müller kann eine Sammlung von rund 3000 Exponaten rund ums Thema Rote Kreuz sein eigenen nennen. Die dürfte zum einen in der Republik vergeblich nach ihres Gleichen suchen, zum anderen drohte sie bei dem 88-Jährigen zu Hause aus allen Nähten zu platzen.

Ein Zustand, gegen den der Geschichtsverein ständig ankämpfen muss, der mittlerweile sieben Dependancen zum Unterstellen hält. Stier kennt auch Schmitt und schlug ihm vor, ihr verwandtes Problem symbiotisch zu lösen. Schmitt gefiel die Idee der Vereins-Wohngemeinschaft. Die Mühlheimer Rotkreuzler können so verhindern, dass die Sammlung Müllers mit der Zeit in verschiedenen DRK-Museen im Land versandet

Manchen dürfte es überraschen, etwa einen Säbel zu sehen, auf dem das Hakenkreuz neben dem DRK-Symbol prangt. Bis heute neigen viele Vereine dazu, ihr Club-Leben während der Nazizeit nicht übertrieben stark zu thematisieren. Beim Mühlheimer DRK halte man nichts davon, die Phase mit dem Mantel der Geschichte zu verdecken.

Im Ersten Weltkrieg erlebten die Helfer der Organisation in den Lazaretten bis dahin kaum vorstellbares Elend, als sie die zerschossenen und durch Giftgas verätzten jungen Männer notdürftig versorgten. Der Sanitäter Otto Engelhardt war einer von ihnen. Der Mitbegründer des DRK in Mühlheim im Jahr 1909 hinterließ eine Armbinde. In einem anderen Raum hängen historische Mützen aus etlichen Ländern des vom Schweizer Henry Dunant 1863 gegründeten Roten Kreuzes.

In den Räumen des Geschichtsvereins sieht es natürlich vollkommen anders aus. Beim Anblick eines Schwarz-Weiß-Fernsehers aus den 60er Jahren könnte mancher innerlich das Klacken der Fünfmarkstücke im Sparschwein von Robert Lembke bei „Was bin ich? Das heitere Beruferaten“ hören. Damals sprach noch niemand von Zappen. Wie auch. Im Vorzeitalter der Fernbedienung fehlte zum einen die Motivation, den Sessel ständig zu verlassen, zum anderen ließ sich zwischen gerade mal drei Programmen nicht ständig pendeln.

Die Historie von 100 Jahren Unterhaltungsindustrie lautet ein Thema des Geschichtsvereins am Tag der Offenen Tür. Außerdem bietet die Spezialistin Christine Weingärtner an, alte, in Sütterlin-Schrift notierte Briefe zu entziffern. Wer wissen will, mit wem er in Mühlheim eventuell über ein paar Ecken verwandt ist, der kann das anhand seines Namens erforschen lassen.

Am 22.Mai weihen das DRK Mühlheim und der Geschichtsverein von 11 bis 14 Uhr ihre gemeinsame Bleibe an der Lessingstraße 25 ein.