Jugendtheatergruppe Frühbeet der Pfarrgruppe Mühlheim spielt groß auf Auf der Bühne herrscht eine Atmosphäre von Angst und Denunziation

Keine Antwort kann Richterin Joanne Danthorne (v.l.) (Salome Wagner) von Strafe abhalten. Mit ihr bekommen es John Proctor (Tim Wunderle), Mary Warren (Hannah Flack) und John Hale (Tim Rieth) zu tun. Foto: man

Mühlheim (man) – Mit zwei Vorstellungen von Arthur Millers „Hexenjagd“ brillierte die Jugendtheatergruppe Frühbeet der Pfarrgruppe Mühlheim am 24. und 25. Mai auf der Bühne des Gemeindezentrums von St. Markus. Kommen Denunziationen erst mal ins Rollen, entwickelt die Angst ihre Eigendynamik.

Der Mensch kann den Zufall nicht ertragen. Es darf nicht sein, dass sich der Grund für eine Katastrophe nicht herleiten lässt. Das kann auch der Pfarrer Samuel Parris (Duncan Juli) nicht akzeptieren. In der Anfangsszene liegt dessen Tochter Betty (Sarah-Jane Welz) regungslos im Bett liegt.

Im Salem von 1692- damals noch britische Kolonie, im heutigen Massachusetts gelegen- muss es sich „um unnatürliche Kräfte“ handeln. Schließlich hatte Parris seine Tochter nachts im Wald mit anderen jungen Frauen tanzen sehen, darunter seine Magd Abigail Williams (Svenja Martius), die anfangs noch erklärt, „wir haben ganz normal getanzt, mehr nicht“.

Das haben sie auch, doch dann entwickelt sich eine Dynamik, die historisch betrachtet in den „Hexenprozessen von Salem“ mündete, die mit 20 vollstreckten Todesurteilen endeten. Vier Angeklagte starben außerdem in Haft. Der Schriftsteller Arthur Miller nahm sich des Stoffs während der sogenannten McCarthy-Ära 1953 an, als in den USA eine Kampagne lief, die vor allem in Künstlerkreisen Existenzen zerstörte. Wer in Verdacht stand, Kommunist zu sein, sah sich auf einer Schwarzen Liste wieder und bekam vor allem in der Filmindustrie keine Aufträge mehr.

Viel Arbeit musste das Regie-Trio aus Paula Bönisch, Kristina Braun und Tim Rieth im Vorfeld erledigen, um Millers übersetzten Text den personellen Möglichkeiten von FrühBeet anzupassen. Der jungen Truppe gelingt es überzeugend, die Atmosphäre von Angst und Denunziation auf die Bühne zu bringen. Täter und Opfer lassen sich kaum noch unterscheiden, wenn es im Dilemma heißt, entweder Unschuldige an den Galgen zu bringen oder selbst schuldlos zu hängen. Die von Salome Wagner gespielte Richterin Joanne Danthorne agiert als unbarmherzige Inquisitorin. Auf ihre Frage, „hast Du den Teufel gesehen?“, kann es keine Antwort geben, die nicht zur Strafe führt.

Eine bleierne Zeit, ähnlich den 30er Jahren in Russland, als die Kommunisten einander nicht nur der Rechts- und Linksabweichung bezichtigten, sondern auch Zentrismus als verdächtig galt.

Ohne es zu wollen, vertritt der oft zornige Bauer John Proctor, von Tim Wunderle gespielt, die Position des Aufklärers im Strudel des Irrsinns, „die Krankheit der Mädchen hat nichts mit Hexerei zu tun“. Zum eigenen und zum Schaden seiner Frau neigt der Mann zu übertriebenen Beichteifer. Gattin Elizabeth (Chiara Röder) erzählte er vom einmaligen intimen Tête-à-Tête mit ihrer nun ehemaligen Magd, der intriganten Abigail Williams, die mittlerweile bei Pfarrer Parris lebt. Abigail rächt sich für verschmähte Liebe und Entlassung. Letztlich brachte Proctors überflüssiges Geständnis alles Unglück ins Rollen.

In wirrer Kausalitätsannahme übt sich auch der Grundbesitzer Thomas Putnam, den Thorben Braun mimt. Zu dessen Credo gehört, „die Berührung des Teufels macht kränker als krank“. Dass seine ersten sieben Kinder kurz nach der Geburt starben, stellt sich im Zuge der Verhöre von Richterin Danthorne als die Schuld der frommen Rebecca Nurse (Hannah Seiwerth) heraus, die mit dem Teufel paktiere.

Die in ihren Aussagen wankelmütige Mary Warren spielt Hannah Flack. Kristina Braun füllt die Rolle der vergeblich für das Leben ihrer Schwester kämpfenden Jill Nurse aus.

Zweifel kommen mit der Zeit Referent John Hale, den Tim Rieth mit einer tragenden Stimme wie die eines ausgebildeten Schauspielers interpretiert. Der Geistliche meinte zu Beginn, in der Sklavin Tituba (Amelie Riva) ein Werkzeug des Teufels entlarvt zu haben, bis er schließlich erkennt, „die Welt ist wahnsinnig geworden“.