Herbert Schneider – Ein Hobbykelterer mit 40 Jahren Erfahrung Der echte Mühlheimer „Äppelwoi“

Herbert Schneider mit der 130 Jahre alten Presse, mit der die Dietesheimer schon zu Kaisers Zeiten den Apfelmost gewannen. Foto: man

Mühlheim (man) – Der Apfelwein wird oftmals nicht ernst genommen, besonders von Auswärtigen, die das Getränk zum ersten Mal probieren. Denn sechs Prozent Alkoholgehalt hören sich erst mal einigermaßen harmlos an, gerade mal eins mehr, als im Pils steckt. Und davon schafft man ja einige, ohne dass es übel endet. Aber ein Liter Bier und ein Liter Apfelwein verhalten sich im Magen oft ganz anders.

Das weiß sogar Herbert Schneider, „wenn ich im Urlaub eine Zeit lang keinen Äppelwoi getrunken habe, muss auch ich mich erst mal wieder daran gewöhnen“. Der 77-Jährige kennt sich mit sämtlichen Prozessen des Kelterns detailliert aus, die den Apfel zum Wein werden lassen.

Vor vierzig Jahren fing Schneider mit dem Keltern an.

Die Anregung kam unter anderem von einem Mann, den Schneider nicht kennengelernt hatte, „von Johann Kronberger, dem Großvater meiner Frau Ilse“. Kronberger starb 1958 mit 69 Jahren, als Ilse und Herbert sich noch nicht kannten. Der erste Versuch des früheren Inhabers des Ford-Autohauses den eigenen Apfelwein zu produzieren, klappte auf anhieb, „ich habe mich genau an die Aufzeichnungen des Großvaters gehalten“.

Einmal im Jahr lädt das Ehepaar Schneider Freunde und Bekannte zum Fest in seinen Garten an der Industriestraße ein, so wie vor Kurzem. Dann, wenn die 130 Jahre alte Presse in Gang kommt.

Die gehörte einst einem Mann, den alle „Bienen-Jakob“ nannten. Zu ihm brachten die Dietesheimer ihre Äpfel aus dem Garten. Es mag Einbildung sein oder es liegt an fehlenden Vergleichsmöglichkeiten, aber der heiße Sommer schlägt sich offenbar auch hier nieder: Der Most schmeckt rund und ausgesprochen süß.

Die Äpfel seien in diesem Jahr kleiner als sonst, sagt Christoph Kühn, der in Nidda die Streuobstwiese seiner Tante erbte, „so groß wie ein Fußballfeld“. Die Tante betrieb im Ort einst eine Apfelweinwirtschaft, weshalb sich die Äpfel von der Wiese besonders eignen. Die Bäume von Herbert Schneider stehen auf dem Gailenberg.

Schneider und Kühn kennen sich, weil ihre Väter einst den Tennisclub Dietesheim gründeten. Der Ernteanteil von Schneider mündet in diesem Jahr wohl bei 140 Litern Äppelwoi.

Der Mann legt wert darauf, dass es nicht „Äppler“ heißt, den vor allem in Frankfurter die Unwissenden ordern.

Wie Schneider seinen Wein herstellt, eignet sich nicht für Massenproduktion: „Faule Stellen werden aus jedem Apfel herausgeschnitten.“

Der Mann spricht vom Schaum auf dem Wein, der sich während des Gärungsprozesses bildet, der nach zehn Tagen einsetzt, „der wirkt bei uns wie Sahne“. Bei der Gelegenheit räumt der Hobbykelterer mit einem Mythos auf: „Naturtrüben Apfelwein, den gibt es nicht.“ Das Getränk sei immer klar, es sei denn, „jemand gibt Apfelsaft dazu“.

Die riesigen, runden Flaschen stehen dann erst mal im Keller.

Dort schaut sie Herbert Schneider bis April noch nicht mal scharf an, „bis dahin ruht der Wein bei uns, auch wenn sich andere schon zum Jahreswechsel das erste Glas einschenken“. Letztendlich führe der sorgsame Umgang mit Äpfeln und Most zu einem milderen Geschmack. Zweifelsohne handelt es sich um ein ganz besonderes Stöffsche, das Schneider keltert.

Ein Hinweis auf der Flaschenaufschrift dürfte so ziemlich einmalig sein: „Der echte Müllemer Äppelwoi“ ist nämlich „garantiert unverkäuflich“.