„Sommerpfarrer“ Pater Thuruthiyil Scaria berichtete über seine Hilfsprojekte Eindeutiges Kopfschütteln

„Sommerpfarrer“ in Lämmerspiel: Pater Thuruthiyil Scaria im Gespräch mit Mühlheims Ehrenbürgerin Elisabeth Gilmer-Kaiser. Foto: m

Mühlheim – Alles begann vor gut 35 Jahren. Der damalige Lämmerspieler Pfarrer Werner Frey suchte eine Urlaubsvertretung. Und fand sie in Pater Thuruthiyil Scaria, einem Mitbruder aus Indien, der heute als Philosophieprofessor der Universität des Ordens der Salesianer Don Boscos in Rom lehrt. Und als „Sommerpfarrer“ einen Monat die Katholiken in St. Lucia und St. Sebastian begeistert. Auf Wunsch der Seniorengruppe in Lämmerspiel plauderte er über sich und das Leben in Zeiten der Pandemie.

Corona war zuerst in Cremona, berichtete er vom Besuch eines Bekannten in Norditalien. Doch bald wütete das Virus auch in Rom, 76 Professoren und Studierende waren angesteckt, berichtete der Pater. „Gott sei Dank, alle sind geheilt“, lautete die Erleichterung, doch dann starb ein polnischer Priester. „Er war ein guter Freund in meiner Gemeinde, hat den Patienten Essen gebracht.“ Auch in Italien gab es keine Möglichkeit, Kranke in der Klinik zu besuchen, „nicht einmal, um ,Auf Wiedersehen zu sagen’. „Eine schreckliche Erfahrung für Familien in der ganzen Welt“, urteilte Scaria. Und auch die Uni der Salesianer war geschlossen, es gab nur Online-Unterricht und -Prüfungen. Der Pater nutzte die Zeit, um ein Buch zu schreiben „über die psychologischen, ökonomischen, politischen, religiösen und spirituellen Auswirkungen von Corona“. Er beschreibt auch die Lage von Kindern in seiner indischen Heimat, die ihre Eltern an das Virus verloren haben. „Die Situation ist immer noch sehr schlimm, schrecklich, unbeschreibbar.“

Vor dem angekündigten Lockdown reisten die Menschen, oft dicht gedrängt in Bussen und Bahnen, nach Hause. „So einen großen Exodus haben wir noch nie gesehen, viele ältere Leute, Kranke ohne Wasser, ohne Essen, es gab keinen Platz und nicht genug Medikamente in den Krankenhäusern.“ Millionen Menschen seien gestorben, sie konnten kaum beerdigt oder verbrannt werden, erzählt der Priester.

Pater Scaria gewann einen Industriellen, um am Ort seiner Kaplanstelle Wohnraum für Waisenkinder und eine Kirche zu bauen. Es folgten weitere Projekte, für die der Sommerpfarrer Spenden entgegennimmt wie das Heim in Trichy im indischen Bundesstaat Tamil Nadu, wo 50 Kinder leben. Unterstützung fand der beliebte Seelsorger in St. Lucia. Auch die Mühlheimer Ehrenbürgerin Elisabeth Gilmer-Kaiser förderte sein Anliegen großmütig.

Demnächst wird sich Scaria in einer neuen Uni in Cremona um ausländische Studierende kümmern und auch im indischen Kerala lehren, im August nächsten Jahres aber wieder nach Mühlheim kommen – „wenn Gott mir die Gesundheit gibt. Nächstes Jahr werde ich 75, Zeit zum Aufhören?“, fragte er die Lämmerspieler. Das Kopfschütteln war eindeutig

VON MICHAEL PROCHNOW