Wanderung des Geschichtsvereins Mühlheim mit Horst Baier Entlang des beliebten Weges im Lämmerspieler Wald

16 interessierte Bürger fanden sich zur Wanderung des Geschichtsvereins Mühlheim zusammen, um gemeinsam die alten Pfade und geschichtsträchtigen Orte abzulaufen. Foto: nj

Mühlheim (nj) – Wer mit Horst Baier die befestigten Wege des Lämmerspieler Waldes verlässt, bekommt einen guten Überblick, was in diesem Wald alles passiert ist. Ob große Feste, vermeintliche Meteoriten oder die Fundstelle aus Zeiten der Neandertaler. Wer denkt, nur Bäume zwischen Lämmerspiel und Steinheim zu finden ist weit gefehlt. Getroffen haben sich am Samstag 16 Interessierte Bürger, um gemeinsam die alten Pfade und geschichtsträchtigen Orte abzulaufen.

Ausgerüstet mit vielen Fotos und alten Relikten beginnt Horst Baier, Mitglied im Geschichtsvereins Mühlheim, die rund zweistündige Wanderung am vergangenen Samstagnachmittag. Getroffen hat sich die Gruppe am Wegeweiser und kleinen Parkplatz mitten im Forst. Zügig haben dann alle die Straße überquert, um auf den seit einem Jahr neu eingerichteten Lämmerspieler Rundweg zu gelangen. Ein paar Meter hinter der Verbindungsstraße gelangt man direkt auf eine alte Brücke aus Basalt, der vermutlich direkt aus dem angrenzenden kleinen Steinbruch stammte. Die sogenannte Steinkaute ist erkennbar von Menschen erschaffen, denn drum herum reihen sich Erhebung an Erhebung, die so niemals auf natürlichem Wege entstehen können. Die Steinkaute selbst diente noch vor rund einem halben Jahrhundert als Zeltplatz für die Pfadfinder und als Rodelstrecke im Winter, wie sich auch einige Zuhörer erinnern können. Die Steine selbst haben für die alte Kirche in Lämmerspiel und das erste Haus, das Käselädchen, gedient. Gleich daneben befindet sich eine Quelle aus der heute noch Wasser austritt. „Bis zum 2. Weltkrieg haben die Bewohner dort Wasser geholt, um zum Beispiel Tee oder Kaffee zu kochen“, erklärt Baier. Weiter geht es direkt durch das Dickicht zur Lämmerspieler Sternschnuppe. Teilweise laufen Schulklassen noch heute zu dem Stein, der unter der Humusschicht droht zu verschwinden. Wer mit einem Hammer Stücke abklopft, bekommt Teile mit sehr scharfen Kanten und die Bruchstücke riechen nach Schwefel. Früher nahmen deshalb viele an, es wäre ein Stein aus dem Weltall, doch Horst Baier klärt schnell auf: „Es handelt sich um einen Chalzedonfelsen“. Urmenschen haben aus eben solchen Bruchstücken Messer und Pfeilspitzen hergestellt. Einige Grabungsstellen durch Wissenschaftler zeugen auch in diesem Wald davon, dass es hier zum Beispiel Neandertaler gab. Ein Teilnehmer hatte zur Vorführung eine solche Klinge dabei. Die Wanderung besuchte auch einen Ort, an dem Grabungen stattgefunden haben. Es wird angenommen, dass hier Geräte aus der Zeit zwischen 70000 und 40000 vor Christus gefunden wurden. Der Geschichtsverein arbeitet in regelmäßigen Abständen die Wege wieder frei und befreit unter anderem alle zwei Jahre die Steinkaute von Gestrüpp oder gefallenen Bäumen. Auf einem gerade freigemachten Weg ist die Gruppe dann weiter zum Festplatz gelaufen. Dieser Platz liegt mitten im Wald und ist heute nur noch eine Lichtung. Bis in die 80er Jahre haben jedoch die Turner, Fußballer und andere Vereine dort rauschende Feste gefeiert. Auch hier haben sich einige Teilnehmer daran erinnert. Doch damals waren die Wege noch bis zu der heute komplett umwachsenen Lichtung mit dem Auto erreichbar. Die Untere Naturschutzbehörde und die damaligen Förster machten diesen Festen dann doch ein Ende. Zu laut für die Natur und teilweise zu unhygienisch haben der unteren Naturschutzbehörde gereicht, den Vereinen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Die Wanderung führt weiter an Gruben vorbei, aus denen früher Sand für den Hausbau und die Küchenreinigung gesammelt wurde. „Ich finde die Gruben im ganzen Wald aufregend“, sagt Baier. Nur für Zement war er nicht geeignet, denn die Körner sind zu rund und haften nicht aneinander. In der Küche hat er zum Auskehren gedient. Dass diese Art der Reinigung auch bakterien-hemmend war, wusste man früher noch nicht. Die tiefen Gruben erinnern stark an Bombenkrater, auch diese gibt es in den Wäldern. Flakgeschütze und Scheinwerfer, die Flugzeuge blenden sollten, waren in den umliegenden Wäldern stationiert. Über den Gailenberg vorbei an einigen Bienenhotels ging es am Ende zum Blechhüttensee. Dieser direkt am Parkplatz, der zum Hundeplatz führt, gelegene See hatte noch in den 70er Jahren eine Blechhütte stehen, die Apfelwein und Handkäs verkaufte. Viele Sitzgelegenheiten haben viele Radfahrer und Spaziergänger eingeladen am See zu sitzen. Auch hier haben sich einige Teilnehmer an die alten Zeiten erinnern können. „Ich bin auf Jugenderinnerung“, erwidert eine Teilnehmerin. Geschlossen wurde die Gaststätte offiziell, da die Hochspannungsleitungen in dieser Zeit installiert wurden und man Angst hatte die Blechhütte könnte den Strom leiten. Inoffiziell ist sie aber aus mangelnder Hygiene geschlossen worden, denn Toiletten oder sauberes Trinkwasser haben gefehlt. Die Wanderung hat an den alten Mauern der Blechhütte geendet und die restliche Gruppe ist dann gemeinsam zum Parkplatz gelaufen. Die Tour durch das Gestrüpp findet nur einmal im Jahr aus Gründen zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt statt, aber der Geschichtsverein lädt öfter auch zu Radtouren über den Lämmerspieler Rundweg ein oder durch das Naherholungsgebiet Grüner See.