Mühlheimer Angler rechnen mit großen Einnahmeverlusten für das Jahr 2020 Fünf Gewässer fordern viel Geld und Engagement

Der Infokasten auf dem ASV-Gelände bleibt vorerst so gut wie leer, da die meisten Veranstaltungen der Angler für 2020 abgesagt wurden. Foto: m

Mühlheim (m) – „Wir waren privilegiert“, formuliert Harald Schrodt. „Wir konnten auch trotz der Beschränkungen während der ersten Welle unserem Hobby nachgehen.“ Der Erste Vorsitzende des Angelsportvereins (ASV) sieht durchaus die Vorteile, die er und seine Kameraden in der neuen Zeit genießen. Mittlerweile können sich die Freunde der Fischerei auch wieder zum sonntäglichen Frühschoppen treffen, wo in diesen Tagen Forellen, Bratwurst und Pommes auf dem Backfischfest brutzeln sollten.

Eigentlich würden jetzt die Vorbereitungen für die Traditionsfete auf Hochtouren laufen. Die Veranstaltung auf dem weitläufigen Gelände am Vereinsheim des ASV ist eine der größten im Naherholungsgebiet Steinbrüche im Mühlheimer Sommer. Doch der Vorstand entschloss sich, auf Kompromisse zu verzichten und die Feier auf dem Gelände am Rabenlohweg komplett und ersatzlos zu streichen. Was die Existenz der Gemeinschaft gefährde, erklärt Hans Wießner, der zweite Vorsitzende der Angler, „es ist unsere Haupteinnahmequelle“. Den zweitstärksten Gewinn erringen emsige Mitstreiter auf dem Weihnachtsmarkt, „und ob der stattfindet, steht noch in den Sternen“. Die laufenden Ausgaben des Vereins bleiben, Strom und Wasser. So liege etwa auf der Hälfte des rund 4.000 Quadratmeter großen Grundstücks Rasen, der gemäht werden muss. Ferner hat das Führungsgremium sämtliche Vermietungen des attraktiven Saals für dieses Jahr abgesagt.

Viel Geld und Engagement fordern die fünf Gewässer des ASV. Die Gruppierung zahlt Pacht für Grünen, Frankfurter, Neuen und Blauen See sowie für den größten, den Hansteinweiher. Dort müssen die 70 Aktiven der 100 Mitglieder Grünschnitt, Uferbefestigung und Reinigungsarbeiten erledigen. Weil durch die Pandemie viele Freizeitanlagen geschlossen waren, pilgerten noch mehr Besucher als sonst in das Naherholungsgebiet – und hinterließen vor allem am gut zugänglichen Hansteinweiher noch mehr Müll.

Schrodt und seine Kameraden sammeln Pizza-Kartons, Hamburger-Schachteln und Tüten in allen Formaten ein, belegt der Vorsitzende mit Fotos vom Morgen. Im vergangenen Jahr musste wiederholt die Feuerwehr zum Löschen anrücken. „Viele Leute schätzen die Natur nicht, die kommen mit der S-Bahn, schleppen Bierkisten und Grill an.“ Immer wieder springe die Glut auf das trockene Gras über. „Wir haben schon ganze Wohnungseinrichtungen aus dem See gezogen“, berichten die Ehrenamtlichen. Sie rücken morgens mit Fahrrädern und Müllsäcken an, um die Hinterlassenschaften wegzuräumen, „das ist eine Sisyphusarbeit“. Der ASV sitzt im Präventionsrat der Stadt, kenne das Gelände wie seine Westentasche. „Wir weisen bei Verstößen auf die Regeln im Gebiet hin, aber es ist zu weitläufig, lässt sich kaum kontrollieren“. Sie weisen Besucher immer wieder auf die Verbote hin, rufen bei fehlender Einsicht oder Gewalt die Polizei. „Der Erfolg ist überschaubar“, klagt Schrodt. Oft können die Angler kaum an die Seen gelangen, weil alle Zufahrten zugeparkt sind – „das macht keinen Spaß in dieser Jahreszeit“. Dabei eigne sich der Hansteinweiher auch für Senioren und Rollstuhlfahrer unter den Mitgliedern. Doch die Regeln für ein Landschaftsschutzgebiet besagen, „wir dürfen die Gewässer nicht einzäunen.“ Den fast drei Hektar großen See plagen zudem „innere Probleme“: Der starke Nährstoffeintrag durch die Blätter der Uferbepflanzung bilde eine dicke Schlammschicht. Der Boden müsse abgetragen werden, zumal der Weiher nach den heißen Sommern im Zuge des Klimawandels viel Wasser verloren und einen „kritischen Punkt“ erreicht habe.

Die Mühlen der Unteren Naturschutzbehörde mahlen langsam, schildert Schrodt, das Genehmigungsverfahren für eine Sanierung laufe seit zwei Jahren. „Die Stadt steht hinter uns, unterstützt uns massiv“, äußern sich die Angler dankbar, „zum Beispiel mit dem Aquamotec-Gerät.“ Die Belüftungsanlage wälzt das Wasser um, sorgt für stabile Werte von Sauerstoff, Nitrat und Nitrit. „Sie zieht Wasser vom Grund hoch, das führt auch zu einem geringfügigen Schlammabbau“, erläutert der Vorsitzende.

„Was da schwimmt, ist unser Kapital, wir waren gezwungen zu handeln“, schildert der Sprecher die Bedrohung des Fischbestands, den Griff auf die Rücklagen des Vereins und die privaten Spenden. Jetzt können die regelmäßigen Messungen über Messbojen von den Gewässerwarten archiviert werden.

„Die Dokumentation der Gewässerhistorie ist eine der Auflagen für eine Sanierung“, heißt es.

16 Arbeitsstunden pro Jahr muss normalerweise jeder Aktive leisten. Weil das Backfischfest ausfällt, hat der Vorstand diese Zahl reduziert. Zu tun bleibt trotzdem genug, derzeit beim Hecken-Schneiden, zeigt Schrodt.