Schüler besuchten Auschwitz und stellten ihre Eindrücke dar Gegen das Vergessen und für mehr Achtsamkeit

Schüler des Mühlheimer Friedrich-Ebert-Gymnasiums stellen die KZ-Häftlinge in Auschwitz dar. Die Reise zu dem KZ hat die Schüler sehr nachdenklich gemacht. Foto: m

Mühlheim (m) – „Man kann sich das Ausmaß einfach nicht vorstellen, wenn man in Birkenau steht.“ Jackie Basseck geht es wie vielen ihrer Mitschüler. Auch Monate nach dem Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz berühren sie die Erfahrungen noch. Im Pfarrheim St. Sebastian zeigte die Arbeitsgruppe des Friedrich-Ebert-Gymnasiums ihre Eindrücke, die sie in Film, Fotos, Rollenspielen und Dialogen verarbeitet hat.

„Du denkst noch Stunden darüber nach“, berichtet die 17-Jährige. Vor Ort wurde ihnen gesagt, sie sollten sich nicht schuldig fühlen, sie können ja nichts dafür. „Aber wir dürfen das nicht vergessen und müssen darauf achten, wie man miteinander umgeht, dass man sich mehr schätzt“, sagt die 17-Jährige.

55 Schüler und sechs Begleiter streiften durch die drei Lager in Polen, in denen sechs Millionen Menschen den Tod fanden.

Tina Zivkovic sieht den Gruppenzwang als Ursache dafür, dass die Massenvernichtung möglich wurde. „Fast jeder hat da mitgemacht“. Heute sei die Bevölkerung diesem Zwang noch nicht unterlegen, „aber wir müssen jetzt vorsichtiger sein“, findet die Oberstufen-Schülerin. Das meinte auch Stefan Sturm, der Direktor des FEG.

Er erinnerte: 2017 wurden mehr als 2000 Angriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte registriert. Und es gebe weitere Parallelen zu den 1930er Jahren. „Demokratische Parteien büßten an Zustimmung ein, die NSDAP wurde zunächst nicht ernst genommen, gewann als Alternative zu den staatstragenden Parteien, schürte Vorbehalte gegen eine Religionsgemeinschaft, deren Angehörige für wirtschaftliche Probleme verantwortlich gemacht wurden.“

Man müsse die Zeichen erkennen und aus der Geschichte lernen. „Die Schüler sind bereit dazu, sie haben sich mit den Verbrechen der Nazis auseinandergesetzt, mit dem Grauen konfrontieren lassen“, lobte der Pädagoge. Stadtrat Karl-Heinz Stier dankte den Beteiligten, die mit der gemeinsamen Aufarbeitung zu einem friedlichen Europa beitragen“ und mahnte, „je weiter wir uns von den Ereignissen entfernen, desto blasser wird die Erinnerung“. Es leben immer weniger Zeitzeugen. Gleichzeitig breite sich rechtsradikales Gedankengut aus.

Eine Million starben in den Gaskammern, viele erlagen davor ihren Qualen. „Die Nazis wollten Spuren kaschieren und vernichteten Dokumente“, informierten die Schüler. Die Befreier haben 7000 halb Verhungerte angetroffen. 3700 Fußballfelder maßen die Anlagen, gaben die Jugendlichen weiter, „wir können annähernd begreifen, was Auschwitz bedeutet“. Als Deutsche spürten sie aber auch misstrauische, kritische Blicke.

In Teams gestalteten sie Videos mit Detailaufnahmen von Gleisen, Blumen, Kerzen, Passbildern, mit Zitate und Zeichnungen. „Wie konnten die Ärzte die Menschen nur ausbeuten?“, war eine der Fragen, auf die keine eindeutigen Antworten zu finden waren. Die Oberstufen-Schüler stellten den leitenden Arzt Josef Mengele vor, der brutale Experimente an Frauen, Roma und Jüdinnen vornahm.

Sie setzten sich aber auch mit dem Glauben auseinander, erinnerten als „menschliche Nummern“ an den katholischen Priester Maximilian Kolbe und den jüdischen Schriftsteller Elie Wiesel. „Manche fielen vom Glauben ab, manche wurden darin gestärkt“, resümierten die Jugendlichen.