Rosa Wölkchen-Vorstellung in der Willy-Brandt-Halle Gerdas kleine Weltbühne feiert hessische Fastnacht

Bestens gelaunt waren die Gäste der Rosa Wölkchen Vorstellung in der Willy-Brandt Halle vergangene Woche. Auch die bunte Farbenpracht war ein echter Hingucker. Foto: man

Mühlheim (man) – Am 15. Januar bestimmte der Ruf „Gay is schee“ natürlich auch bei der zweiten von vier „Rosa Wölkchen“-Vorstellungen in der Willy-Brandt-Halle die Stimmung. Mit Antony Ross trat ein beliebter Dschungel-Spezi auf, „der so richtig gut zu uns passt“, wie Moderator Jürgen Peusch, alias „Jutta P.“ von „Gerdas Kleine Weltbühne“, den Mann ankündigte. Jutta schaute trotz aller Ausgelassenheit auf die bleierne Zeit zurück, als Gay weniger als schön galt, dafür aber weit mehr als ein Risiko, den Job und das soziale Umfeld zu verlieren, wenn die Lust aufs eigene Geschlecht im Dorf und der Firma die Runde macht.

Nein, Jutta P. hält nichts von dem Refrain, der bis in die Antike die Geschichte begleitet: Früher war alles besser. „Die stressig’ Zeit von heut’ ist die gute von morgen“, konstatiert Jutta, die abseits der Bühne als Jürgen Peusch durch Mühlheim läuft und nun erzählt, wie es sich in den 70er Jahren im Ort anfühlte, mit dem Lebensgefährten Gerhard Stein, alias „Gerda“, eine Wohnung zu suchen. Heute hingegen seien schwule Paare bei Eigentümern wohl gelitten, „die sind so ordentlich, die grüßen so freundlich“.

Was „Rosa Wölkchen“ vor allem ausmacht, ist der hessische Einschlag, was neben Jutta P. natürlich auch auf Olga Orange (Thomas Rau) zutrifft, die herzensgute und trotz aller Zoten doch auch irgendwie melancholisch wirkende „Frau“, die an Zeiten erinnert, als sich die Väter in der Kneipe das Licht ausschossen, wenn die Frau daheim ein Kind bekam: „Bis 1974 durften die Männer bei der Geburt nicht dabei sein.“ Mancher Kerl freute sich, wenn die Vorschrift immer noch gälte.

Auch nicht zum ersten mal gibt Hansy Vogt die „Frau Wäber“ in Mühlheim, die nicht mehr ganz juvenile Schwarzwälderin, die ihr ewiges Scheitern auf der Suche nach amourösen Abenteuern erstaunlich locker wegsteckt. Der Kofferträger im Frankfurter Nobelhotel bringt sie in ein Zimmer mit einem „Bock-Spring-Bett“. Auf der hoch platzierten Matratze findet die Frau keinen festen Schlaf, „die ganze Nacht wartete ich auf den Bock“. Von einer Option, die ihre Marktposition vermeintlich verbessern könnte, hält Frau Wäber rein gar nichts: Von „Schönheitsoperationen beim Änderungsfleischer“ will sie auch künftig die Finger lassen.

Tänzerisch treten neben „Naomi“ von der Weltbühne auch die durchtrainierten Frauen und Männer vom Karnevalverein Frohsinn aus Oberursel gleich mehrfach auf.

Woody Feldmann, die Frau mit der ausgebildeten Gesangsstimme und dem hessischen Schlappmaul, gibt den Männern im Saal einen Tipp fürs Leben, den einige wohl auch in Zukunft nicht beherzigen werden, „fragt doch nicht, ‘wie war ich ?“. Wie solle eine Frau darauf denn reagieren, mit einem Zeugnis à la „stets bemüht“ oder der Montage „einer Zettelbox für Verbesserungsvorschläge?“. Ehrlich müssten Frauen ohnehin meist antworten, „gestern mit mir alleine hatte ich mehr Spaß“.

Jutta P. kündigt Antony Ross als viel gebuchten Mann an, „der vor kurzem noch Helene Fischer umarmte und beim Dschungelcamp auf der Couch saß“. Der einstige Gewinner der RTL-Insekten-Ess-Show, frühere Musical- und Casting-Popband-Sänger konzentriert sich mittlerweile auf das Schlagergenre, wobei der gebürtige Brite nicht nur stimmlich, sondern auch tänzerisch seine Fans in Wallung bringt. Textsichere Damen aus dem Publikum werden am nächsten Tag auf der Arbeit einiges zu erzählen haben. Sie dürfen Liedgut wie „Michaela“ zusammen mit Ross auf der Bühne intonieren.

Höhepunkte der Abends sind die beiden Auftritte von Andy Ost, dem geerdeten Entertainer aus dem Main-Kinzig-Kreis, der es typisch hessisch schafft, jede Dramatik auf ihren banalen Kern herunter zu brechen.