Ahmads Landsmann Fawad lebt mit seiner Familie in einem Zimmer in der Borsigstraße. Er kann schon wieder lachen: „Es gibt 111 Kuchenrezepte, die ich backen kann“, erklärt der Mann aus Masar-i-Sharif. Er ist Paschtune, seine Frau Tadschikin. Der Vater von drei Kindern arbeitete in seiner Heimat als Dolmetscher, spricht acht Sprachen. Dazu kommt gerade deutsch – und bald englisch, kündigt er an.
Als 2015 in der Mühlenstadt viele Schutzsuchende ankamen, wollte auch Katrin Schander etwas tun, „die Menschen mit meinen Mitteln unterstützen“, blickt sie zurück. Die Streetworkerin Anneliese Wald, die im Verein Zugpferd mit Asylbewerbern arbeitet, stellte die Kontakte her. Fast alle erklärten sich bereit, sich von der Fotografin ablichten zu lassen. Dazu erzählten sie ihr von ihren Fluchtwegen und von ihrem Leben in Mühlheim.
Durch die Familienzusammenführung konnten oft Frau und Kinder kommen. Der Nachwuchs sei sehr gut integriert, besuche nach der Grund- nun die Realschule oder sogar das Gymnasium, schildert Fotografin Schander. Manche Sprösslinge tanzen in einer DJK-Garde, andere gehören der Kinderfeuerwehr an. „Die meisten Menschen hier sind nett“, spricht Lubna ins Aufnahmegerät. „Wenn ich die Kirchenglocken höre, fühle ich mich gut, aber hier ist nicht meine Heimat.“ Ihre drei Schwestern leben noch in Syrien, Mutter und Bruder in den USA, „aber ich vermisse mein Land, die Sonne“, erklärt die Buchhalterin. Sie würde gerne eine Ausbildung zur Krankenschwester oder zur Verkäuferin machen, aber die Chancen dafür stünden schlecht. Anfangs musste sich die Frau mit der Kamera mit Händen und Füßen verständigen. „Später saßen wir eineinhalb Stunden zusammen und plauderten – auf Deutsch“, verrät sie. „Ich bin stolz auf unser gutes und interkulturelles Miteinander“, eröffnet Bürgermeister Daniel Tybussek die Feierstunde im Rathaus-Foyer. Lehrer Uwe Adam hat mit einigen Kindern aus der Unterkunft Borsigstraße Lieder mit Ukulelen und Tanzbändern einstudiert. Der Unterricht wird finanziert aus Spenden vom Neujahrskonzert der Sport-Union und einem Klavierkonzert des Ausländerbeirats. Zurückblickend stellt Katrin Schander fest, „trotz aller Unterschiede sind wir alle Menschen mit Gemeinsamkeiten, dem Bedürfnis nach Frieden, Würde, Anerkennung und Liebe“. Die Ausstellung ist noch bis vor Weihnachten zu den Öffnungszeiten des Verwaltungsgebäudes zu sehen, das Buch wird zu 16,90 Euro im Mühlheimer Buchladen verkauft.