Ein Fest mit Tradition: Friedensgemeinde feiert bereits zum 16. Mal Ideales Erntedank-Wetter beim Apfelsamstag in Dietesheim

Akteure im Gemeindeleben (v.l.): Jannik und Holger Pieper, Martina und Ralf Grombacher zusammen mit Tochter Laila

Mühlheim (man) – Die Sonne scheint, die Hundstage sind aber vorbei, und um das Kreuz auf dem Freiluftaltar liegt ein fein gestaltetes Stillleben von Laura Wittmann aus Karotten, Äpfeln, Kastanien und weiteren Erzeugnissen der Landwirtschaft. Ansonsten ist die Frau auch heute, wie an den meisten Sonntagen während der Sommermonate, bei „Rast für Leib und Seele“ für die Ausgabe von Handkäs‘ mit Musik oder Flammkuchen zuständig.

Die Friedensgemeinde feiert schon seit 16 Jahren den Apfelsamstag. Zu Ernte-Dank selbst belassen es die Mitglieder beim besonderen Gottesdienst. Zur Eröffnung predigte Pfarrer Ralf Grombacher das erste Mal unter freiem Himmel zum Fest. Bei den evangelischen Christen hat sich generell viel gewandelt. In früheren Jahrzehnten galten deren Feiern nicht gerade als lukullische Offenbarung. Wenn es bei den Katholiken Braten mit Klößen zum Wein gab, vergnügten sich die Protestanten mit Sprudelwasser und trockenen Brezeln. Vielleicht ein bisschen übertrieben, vielleicht gab es auch minder puritanische Gemeinden, aber Protestanten jenseits der 50 wissen in der Regel, von was die Rede ist. Von irgendeiner Tristesse kann bei der Friedensgemeinde keine Rede sein. Lange habe man an dem süffigen Getränk gefeilt, von dem Pfarrer Ralf Grombacher auch in diesem Jahr probiert: dem Apfelweizenbier. „Am Mischungsverhältnis haben wir lange laboriert“, erklärt Holger Pieper, seit zwei Jahren Mitglied im Kirchenvorstand. Im Glas befindet sich neben Weizenbier noch Apfelsirup und Zitronensaft. Der Clou von Geschmack und Wirkung liegt im Calvados, dem Apfelbrandwein aus dem gleichnamigen französischen Département. Die genaue Rezeptur wird aber nicht verraten, weist Pieper auf ein Geheimnis hin. Mit am Tisch, wenn auch fern der Griffweite eines Apfelweizenbiers, sitzt Sohn Jannik Pieper. Viele Jugendliche besuchen bei der eigenen Konfirmation den letzten Gottesdienst bis zur eigenen Hochzeit. Das trifft auf einen wie Jannik überhaupt nicht zu. Der 18-Jährige hilft nicht nur heute mit, sondern gehört auch zu den Gestaltern der Kinderbibelwoche vor Ostern. Zwischendurch verkündet Michael Wittmann, ebenfalls im Kirchenvorstand, Eltern junger Kinder eine Ruhepause. Die Kleinen können sich unter anderem Zeichentrickfolgen des gewitzten Shaun das Schaf ansehen. ,Derweil produzieren Konfirmanden an der Apfelpresse süßen Most, der sich ein paar Meter weiter glänzend verkauft. Wie immer bei gutem Wetter geht auch der von Gemeindemitgliedern gebackene Kuchen gut weg. Über 200 Besucher dürften im Laufe des Tages hier einkehren. Pfarrerin Martina Grombacher vermutet, dass der zeitgleiche Flohmarkt in den Dietesheimer Höfen das bedingte, was die Wirtschaft so gerne Synergieeffekte nennt. In dem Fall heißt das: Wenn die Leute schon wegen der einen Geschichte unterwegs sind, kommen sie auch zur anderen. Am Stand von Dr. Jürgen Ries und seiner Schwester Annette Stein weht der Geist gelebter Ökomähne. Die beiden Hobbyimker gehörten zwar der katholischen Kirche an, bei den Protestanten verkaufen sie jedoch ihren Blütenhonig. Jahrgang 2017 unterscheidet sich farblich von 2018, obwohl sich der Standort der Kästen nicht änderte. Der diesjährige Honig ist wesentlich dunkler, was daran liegt, erklärt Ries, dass es im letzten Jahr noch späten Frost gab und in diesem Jahr zur Aktienblüte alles passte. Für die Bauern war der trockene Sommer ein Desaster, für die Imker ein Glücksfall.