Kleingärtnerverein Brückfeld verschiebt das beliebte Sommerfest Dieses Jahr kein Knollenessen

Nach langen Überlegungen haben die Kleingärtner schweren Herzens entschieden, das bekannte Sommerfest abzusagen. Foto: m

Mühlheim – „Wir haben die Entscheidung lange hinausgezögert“, beginnt einer in der Runde. „Wir haben mit dem Gedanken gespielt, eine abgespeckte Version des Sommerfestes zu feiern, die Zahl der Besucher zu begrenzen“, lautete ein Vorschlag. „Aber hätten wir dann Leute heimschicken sollen?“ Oder kontrollieren, ob sie auf de, Weg zum Klo Masken tragen! „Wer will das kontrollieren“, fragte sich die Gruppe in Parzelle Numero 1 – und entschloss sich, das Fest des Kleingärtnervereis (KGV) Brückfeld ebenfalls abzusagen.

„Wir haben viele treue Besucher und verständnisvolle Nachbarschaft“, gibt Kassiererin Irmtraud Tragert zu bedenken. Sie dachte an „Kartoffel to go“ aus den großen Waschkesseln, die am Montag zubereitet worden wären. „Der Vorstand wurde oft angesprochen, ob die Feier nicht doch laufe, aber der Aufwand mit den Hygieneregeln ist einfach zu groß“, erklärt sie. „Es tut uns leid, dass wir die Veranstaltung nicht bieten können.“

Eigentlich würden in diesen Tagen Nico Pirulli, Anatoli Neigum und Alex Meinhardt 6.000 Knollen der Sorte Annabelle in den Kessel und mit Holzfeuer garen, die Damen unter der Pergola hätten die Kartoffeln mit Hausmacher Leber- und Blutwurst oder Quark serviert. Die Gäste des Sommerfestes hätten sie dann mit Zwiebeln, Schnittlauch und Petersilie aus den Gärten garnieren können. „Vielleicht hat noch jemand so einen alten Kessel im Keller stehen“, fragt Zweite Vorsitzende Markus Hertl für den Fall, dass die Pandemie verebbt.

Um das Drei-Tage-Fest zu realisieren, werden mehr als 180 Dienst-Einheiten gebraucht. „Das ist ein eingespieltes Team, jeder beherrscht seine Aufgabe aus dem Effeff“, sagt Hertl. Ein neues Konzept erfordere ganz andere Arbeitsschritte. Frank Lommatzsch, der Erste Vorsitzende des KGV, erinnert sich, als einmal Blut- und Leberwurst ausgingen und sie durch die ganze Stadt gefahren sind und nur Mischwurst gefunden haben.

Hatten sie zu Jahresanfang noch drei, vier Anfragen für Parzellen, stieg die Zahl der Bewerber im April auf knapp 30. „Es sind meistens Eltern mit Kindern in engen Wohnverhältnissen, die während des Lockdowns gerne auf einen Garten ausgewichen wären“, weiß Hertl. Der Verein verwaltet 38 Gärten an der Ulmenstraße und elf am Hennigweg und hatte im Frühjahr nur einen Garten frei. Eine Dame hatte aus Altersgründen gekündigt, musste aber die Frist bis Jahresende nicht einhalten, weil eine junge Familie das Gelände sofort übernehmen durfte.

„Sie haben sich gut eingelebt, sind sehr fleißig und passen super zu uns“, lobt Karl-Heinz Bamberg vom Vorstand, „sie haben in vier Wochen extrem viel geleistet“. Irmtraut Tragert erinnert sich gut, als sie die Nachricht zur Übernahme überbracht hat: „Da war ein Freudenjubel, dass fast der Telefonhörer geplatzt ist!“

Inzwischen gärtnern im Brückfeld auch sehr viele Mitglieder mit Migrationshintergrund. Egal ob Perser, Marokkaner, Türken, Polen, Bosnier, Italiener oder Afrikaner, „es gibt überhaupt keine Probleme, im Gegenteil, unser Horizont erweiteret sich“, beobachtet die Kassiererin. Jetzt aber schieben die Hobbygärtner keinen Dienst an Zapfhahn oder Kuchentheke, sondern treffen sich im kleinen Kreis zum Plausch bei Bier und Äppler. Und die Kinder sammeln am lebenden Objekt Erfahrungen mit grauen Eidechseneiern, Wespen und Tomatenstauden, „ganz im Sinne des alten Schreber“.

Vom Fest aber fehlen nicht nur Gäste, sondern auch Geld. „In diesem Jahr haben wir Elektrik, Toilettenanlage und Gartengeräte angeschafft sowie neue Stühle bestellt“, listet Kassiererin Irmi auf. „2019 haben wir neue, große Sonnenschirme gekauft“, verweist sie auf einen Vorteil des Fests. „Wenn’s 2021 finanziell eng wird, dann müssen wir einen Sonderbeitrag beschließen. Das gehört zum Vereinsleben dazu.“