Kleider-Tausch-Aktion des Kontakt-Werks kam bei den Mühlheimer Frauen sehr gut an Kleider tauschen statt neu kaufen

Es wirkt zwar fast so, aber für Kinder gab es diesmal nichts, nur erwachsene Frauen konnten tauschen. Foto: man

Mühlheim (man) – Was soll eine Frau machen, wenn sie ein Kleidungsstück kauft und nach kurzer Zeit denkt, „so gut, wie ich dachte, steht mir das doch nicht“. In der Regel bedeutet das: Die nächsten zehn Jahr hängt das Teil mit Ignoranz unbeachtet im Schrank am Rand. Es einer anderen zu überlassen, wäre eigentlich sinnvoller, erst recht, wenn man dafür etwas anderes bekommt. „Tauschen statt neu kaufen“ lautete die Aktion für Frauen am 20. Oktober im Kontaktwerk an der Ludwigstraße.

Die Teilnehmerinnen mussten sich vorher anmelden. Organisiert hatten den Tauschtag Madalina Draghici, die städtische Koordinatorin für soziales Ehrenamt, und Melanie Schlicht, zuständig für interkulturelle Bildung und die Ausbildung von Elternlotsinnen. „Wir mussten keine Angst haben, dass jemand nur Ladenhüter abgibt“, erklärt Schlicht.

Das liegt im Konzept begründet.

Jede Frau gibt drei Kleidungstücke oder Accessoires ab und darf sich drei nehmen.

Das erfolgt jedoch nicht anonym, sondern vor aller Augen.

Es ist also nicht möglich, diskret einen Acrylpullover zu entsorgen, den das VEB Textilkombinat Zittau Anfang der 80er Jahre produzierte und dafür mit einer Bluse aus dem Hause Prada von dannen zu ziehen.

Die Gründe, etwas abzugeben, liegen in unterschiedlicher Natur.

Mal veränderte sich der Geschmack, mal die Konfektionsgröße.

Das Prinzip von Tausch und Teilen widerspricht zwar dem Credo, eine Volkswirtschaft könne nur mit ewigen Wachstum funktionieren, aber es wirkt vernünftiger, zu tauschen, als Geld und somit Arbeitszeit zu verpulvern.

Ein Vorbild für andere Felder. Es erschließt sich beispielsweise nicht von selbst, warum es sinnvoll sein soll, ein privates Auto zu besitzen, das im Schnitt über 23 Stunden am Tag nur parkt.

Vorbei kommt etwa Gaby Poppenhäger. Die ehemalige Elternlotsin bekam den Termin von Melanie Schlicht gesteckt.

Sie deutet eine Situation an, die fast jeder von eigenen Geburtstagen kennt. Dunkles ahnend packt man etwas aus, derweil das Lächeln die Gesichtsmuskeln arg strapaziert. Der Schenker erwartet einen beglückten „ah“- und „oh“-Aufschrei zu einem Gegenstand, der einem im Leben nie irgendwo aufgefallen wäre.

Gaby Poppenhäger bringt drei Taschen vorbei, allesamt Geburtstagsgeschenke, „keine Hässlichkeiten, aber ich wusste jeweils sofort, ‘die passt nicht zu mir’“.

Zufrieden kehrt die Frau mit Bluse, Weste und Pullover nach Hause.

Zu anderen passen die Taschen.

Selbst wenn zur Kleidertauschparty nicht explizit nur Frauen geladen worden wären, für Männer hätte sich das Konzept wohl aus mehreren Gründen nicht geeignet.

Die Verkäufer in den Herrenabteilungen der Kaufhäuser bestätigen allesamt: Zwischen Ankommen, Kauf und Abgang vergehen in der Regel kaum mehr als zehn Minuten. Da bleibt nicht viel Spielraum, um etwas zu erstehen, das zu Hause nur im Schrank hängt.

Die Abgabe geht von 10 bis 11.15 Uhr.

Bis zur Ausgabe beschäftigen sich die bis dahin teils einander noch unbekannten Frauen mit Kaffeetrinken und Kuchenessen.

Unter Männern klappte das nicht so geschmeidig. Die müssten außerdem erst mal die Hierarchie der Zufallsgruppe ausbaldowern, um locker zu werden.

Melanie Schlicht erklärt, Ziel der Aktion im Fahrwasser der Interkulturellen Wochen sei es auch gewesen, „dass Frauen den Weg herfinden, die das Kontaktwerk noch nicht kennen“.

Das klappt. Vor der Türe kommt es bei Begrüßungen zu Dialogen wie „ich war noch nie hier“_,„ich auch nicht“.

Natürlich wird die Kleiderstange zum Ende nicht total leer.

Auf Teufel komm raus drei Teile mitzunehmen, weil man drei abgab, bringt es nicht. „Wieder mitnehmen muss niemand“, betont Schlicht. Die Kleiderkammer vom Roten Kreuz kann sich über das freuen, was übrig bleibt.