Turnierstart der Stadtmeisterschaft im Schach „In den letzten zehn Jahren gab es sieben verschiedene Gewinner“

Im Vordergrund sitzen Michael Apel (links) und Tim Neidig am Brett, der Zweite und der Dritte aus dem letzten Jahr. Wer am Ende das Turnier gewinnt, steht meist erst nach der letzten Runde fest. Foto: man

Mühlheim (man) – Jedes Jahr veranstaltet die Schachabteilung der Sport-Union in den Vereinsräumen an der Friedensstraße die Stadtmeisterschaft. Der Ausgang steht stets in den Sternen. Anders als in der Fußballbundesliga lässt sich hier nicht sicher darauf setzten, wer sich am Ende die Krone aufsetzen darf. Am 16. Januar ging es mit der ersten Runde los.

Eine Stunde bevor das Turnier beginnt, trainieren die beiden Teilnehmer Michael Apel und Jugendwart Reiner Liebske die siebenjährigen Elias und Alexander sowie den zehnjährigen Niklas. „Der Turm ist wertvoller als das Pferd“, erklärt Apel, „aber man darf ihn nicht zu früh bewegen“. Beim Schach strahlt nicht jede Figur in jeder Phase des Spiels die gleiche Gefahr aus. Je stärker sich mit der Zeit das Brett lichtet, desto mehr Felder deckt der Turm ab. Liebske rät seinem Gegenüber, „passive Züge zu vermeiden“. Die ergeben meist nur gegen Ende einer Partie einen Sinn, wenn das Ergebnis auf ein Remis hinausläuft.

Im anderen Raum an der Friedensstraße 110, wo sonst das Blasorchester der Sport-Union Mühlheim probt, baut Andreas Rönsch derweil mit dem amtierenden Stadtmeister Reiner Kästle die Bretter auf.

Vor einem Jahr nahm Kästle noch als Gastspieler teil. Mittlerweile trat der Rumpenheimer dem Verein bei. In 2019 gewann Kästle mit einem Sieg gegen den am Ende Zweitplatzierten Michael Apel im entscheidenden Spiel mit knappen Vorsprung die Stadtmeisterschaft. „Eigentlich sah es so aus, dass ich verliere“, blickt der Mann auf die glückliche Wende im Duell gegen den Gewinner von 2017 zurück.

Rönsch, der nicht genau weiß, ob er die Meisterschaft 2011 oder 2012 gewann, sitzt selbst am Brett und agiert außerdem als Leiter des Turniers. Ehe es losgeht, zeigt der 55-jährige den Anwesenden der insgesamt zehn Teilnehmer, auf welchem Zettel sie die Ergebnisse eintragen müssen. Falls er dann selbst noch spiele, bittet der Turnierchef, „mir nicht auf die Schultern zu tippen, um mitzuteilen, ‘ich habe gewonnen’“. Bei der Schachstadtmeisterschaft in Mühlheim geht es anders zu als in der Fußballbundesliga. Keiner kann verlässlich darauf setzen, wessen Name nach dem Finale neu eingraviert auf dem Sieger-Teller steht. „In den letzten zehn Jahren gab es sieben verschiedene Gewinner“, erklärt Rönsch, der generell die Ausgeglichenheit in der Schachabteilung schätzt, „egal, wer gegen wen spielt, einen klaren Favoriten gibt es nicht“. Eigentlich könne man in der Mannschaft, die in der Kreisbezirksoberliga spielt, die Plätze an den Brettern eins bis acht auch losen. Alleine deshalb nimmt es Titelverteidiger Kästle nicht übel, wenn Rönsch betont, mancher wolle, dass er nicht wieder gewinne, „aber nimmt das bitte nicht persönlich“. Nimmt der 50-jährige auch nicht.

Für die Stadtmeisterschaft kann sich jeder anmelden. Pünktlich auf den Glockenschlag erscheint Tim Neidig, der im letzten Jahr auf dem dritten Rang landete. Der 22-jährige, der in Frankfurt Physik studiert, ist mit Abstand der jüngste im Feld. Im Plausch während der Auslosung, die bestimmt, wer als erstes gegen wen antritt, erzählt Dr. Georg Hechler, einer seiner Söhne habe mit Tims Vater einst in Darmstadt Elektrotechnik studiert. Hechler gewann zum ersten Mal die Stadtmeisterschaft von Offenbach, als der 1.FC Nürnberg in der Fußballbundesliga triumphierte. Das war 1968. Der 87 jährige ist der älteste Spieler im Verein.

Das Los entschied, dass er heute nicht ans Brett darf. Denn einen Tag zuvor hatte sich der Abteilungsleiter Andreas Curth kurzfristig wegen eines beruflichen Termins abmelden müssen. Alle sind damit einverstanden, dass Curth seine Partie gegen Hechler in der nächsten Woche nachholen kann, wodurch sich der Entscheid verlängern wird. Im weiteren Verlauf wird jeder gegen jeden spielen. Wie im letzten Jahr meldete sich auch diesmal keine Frau an.