Feuer, Geschenke und finnischer Glühwein Lichternacht der GMF kommt bei Mühlheimern an

Nikolas Leichsnering (links) und Maximilian Mrokon sind in der Freiwilligen Feuerwehr in Mühlheim aktiv. Das Lichterfest nutzen die ehrenamtlichen Haus- und Lebensretter in Ausbildung, um sich vorzustellen und neue Mitglieder zu gewinnen. Foto: man

Mühlheim (man) – Normalerweise ist Leben an der Bahnhofstraße vor allem an Wochenenden abends relativ geruhsam. Erst recht im Winter. Am Samstag schaute es mal wieder anders aus. Die Gemeinschaft Mühlheimer Fachgeschäfte (GMF) veranstaltete in der Innenstadt ihr fast schon traditionelles Lichterfest, die Läden hatten offen und allenthalben flackerte es.

Nicht alle Mühlheimer scheinen zu wissen, was auf dem städtischen Veranstaltungsplan steht. Gegen 17 Uhr kommen zwei Männer ins Whisky Flavor in der Bahnhofstraße, um sich zwei Guinness zu bestellen. „Norbert, ist heute St. Martin?“, fragt einer den Eigentümer Norbert Ulzhöfer, der die Mischung aus Kneipe, Bar und Geschäft mit Gattin Adele Ulzhöfer vor einem Jahr übernahm.

Davor flackern brennende Holzscheite. Gegen den Hunger gibt es bei der Kälte Chili con carne und „Loimu 2016“ fürs Gemüt – ein aus Finnland stammender Glühwein, vor dem man Respekt haben sollte: 15 Prozent Alkoholgehalt sind kein Pappenstiel. Norbert trank den Loimu, als er in seinem Beruf als Ingenieur zwei Jahre in der finnischen Hafenstadt Pori arbeitete: „Freundliche Menschen, die so schnell nichts aus der Ruhe bringt.“ Anders als hierzulande, wo sich Unmut ganz schnell lautstark äußert.

Fahrzeugkunde und Erste Hilfe

Ein paar Meter die Straße hinab sitzen vor dem Mühlheimer Buchladen Menschen auf Stühlen. Vorne liest die Autorin Angela Ochel im Sessel mit Decke über den Beinen aus ihrem Roman „Ein Weihnachtsmann für Leben“. Der Inhalt: Die kleine Luisa will der Mama etwas Unkonventionelles auf den Gabentisch legen. Ein Mann soll es sein.

Es lodert auch am Stand von denen, die dafür zuständig sind, das Feuer zu löschen. Nikolas Leichsnering (13) und Maximilian Mrokon (14) trainieren donnerstags bei der Jugend der Feuerwehr Mühlheim. Die beiden haben schon 24-Stunden-Übungen hinter sich. „Im Winter steht die Theorie auf dem Plan“, erzählt Nikolas. Das heißt Fahrzeugkunde oder Erste Hilfe. Nikolas plant, das Hobby später zum Beruf auszubauen. Eine wie Melanie Lauffenburger (25) springt trotz Lehramtsstudium und Kellnerinnen-Job nachts aus dem Bett, wenn es piepst. Beim jüngsten Brand half sie jedoch tagsüber, „vor drei Wochen beim Dachstuhlbrand Im Heimgarten“.

Brennende Fackeln

In Geschäften wie Laden 33 oder Annelie‘s Tee, Kaffee, Feines und Präsente decken sich jetzt schon einige mit Weihnachtsgeschenken ein. Ein junger Mann erzählt, vor einem Jahr sei er auf den letzten Drücker an Heiligabend in eine Parfümerie gestürmt, um ein Duftwässerchen zu kaufen, das die frisch Angetraute sich gewünscht hatte: „Das war dann ausverkauft“. Mit dem Ersatzprodukt zeigte sich die Gattin unzufrieden. „In dem Jahr muss ich emotionsmäßig Vollgas geben“, hofft der Mülheimer lachend, die Scharte wieder auszuwetzen.

Trotz Kälte steigt Reinhard Teschner vor seinem Auftritt am Stadtmuseum in nasse Kleider. Das empfiehlt sich für den Feuerartisten, der mit brennenden Fackeln jongliert und hinterher erzählt, wie er einmal vergessen hatte, die Socken zu wässern und ihm ein Stück glühende Kohle ein Loch in den Fuß brannte. Heute geht auch für seine Kollegin Keiko Schmitt alles gut. Die Frankfurter Feuertänzerin, die sich Tanzlicht K nennt, tritt schon zum dritten Mal beim Lichterfest auf.

Barmherzigkeit ist Thema

Einen Gegenpol der Ruhe bietet die St.-Markus-Kirche an. Das Thema ist die Barmherzigkeit. Gemeindereferentin Birgit Wenzel erklärt das Konzept der nur von Kerzenlicht beleuchteten Stationen im Gotteshaus. „Wenn dein Herz angerührt wird, vom Elend anderer betroffen wird, siehe, das ist Barmherzigkeit“, predigt Augustinus. Der Erfurter Bischof Joachim Wanke habe die praktischen Beispiele aus der Bergpredigt und die geistlichen von Augustinus in sieben Sätzen miteinander verbunden. „Ich bete für Dich“, werden in diesen Tagen manche leichter unterschreiben können als ein „Du gehörst dazu“ oder ein „Ich teile mit Dir.“

Die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Claudia Oberbeck erzählt, in St. Markus verstehe man die offene Kirche zum Lichterfest als spirituelle Ergänzung zum Einkauf. Beim ersten Mal habe man mit einer handvoll Besucher gerechnet: „Dann kamen 500. Heute sind es 1000.“