Zum elften Mal hieß es „Sauberhaftes Mühlheim“ – Freiwillige, Stadt und Vereine beteiligten sich Mühlheim macht sauber

Was treibt jemanden dazu, ein Fahrrad in den See zu schmeißen? Meistens dürfte jemand auf das gestohlene Teil keine Lust mehr gehabt haben. Foto: man

Mühlheim (man) – Am vergangenen Samstag hieß es zum elften Mal „Sauberhaftes Mühlheim“. Unter der Regentschaft der Stadt griffen 114 Privat- und Vereinsleute mit Mülltüte und Greifzange etwa am Main, um das Naturfreundehaus, am Bahnhof und im Naherholungsgebiet nach dem, was andere wegwarfen. Den Startschuss gab Bürgermeister Daniel Tybussek unter dem Motto: „Lasst uns Mühlheim sauber halten.“ Das Gefühl mancher trog: Die Leute schmissen insgesamt mehr weg als im letzten Jahr. Ohne den Hauch einer Welle präsentiert sich die Wasseroberfläche auf den Seen im Naherholungsgebiet morgens um halb elf bei kühlen Temperaturen. Eines der Boote steuert Stadtbrandinspektor Lars Kindermann. Ihm ruft der Dietesheimer Wehrführer Stefan Lipke vom Ufer zu, „eigentlich könntest doch Du die Fähre steuern“. Auch wenn Kindermann die Option nicht verneint, so dürfte es der Rechtsanwalt auch weiterhin vorziehen, vor Gericht zu plädieren, statt auf dem Main hin und her zu schippern. Mit dem herbstlichen Laub an den Bäumen herrscht um die ehemaligen Basaltsteinbrüche fürs Auge gerade die schönste Zeit. Nur achtet nicht jeder die besondere Ästhetik. Die Idylle stört eine fast leere Weinflasche. Der Hals ragt aus dem Wasser. Später wird sie noch von einem der Aktiven vom Tauchsportclub Mühlheim oder Feierwehrleuten in den Booten raus gefischt werden.

Kindermann zeigt die Böschung, von der am 1. September der aus dem Schlachthof geflohene Bulle tot in Wasser stürzte, nachdem ein herbeigerufener Jäger ihn getroffen hatte. Zeitweise hatte das gefährlich umherirrende Tier den Bahnverkehr lahmgelegt. Die Feuerwehr zog den Bullen an Land, wo ihn ein Metzger sofort zerlegte.

„Hier haben wir schon mehrere Verletzte aus dem Wasser geholt“, erinnert Kindermann, als es unter der Brücke zum Grünen See durchgeht. Die meisten Jugendlichen dürften schon von Altersgenossen gehört habe, die von Brücken und Klippen in den Rollstuhl sprangen. Manchmal kann die Angst ein guter Ratgeber sein, etwas sein zu lassen, auch wenn es noch so cool wirkt.

Auf dem DLRG-Boot „Irmgard“, schon zu deren Lebzeiten nach der Ehrenbürgerin Irmgard Sondergeld benannt, stehen drei Männer und liegen zwei Fahrräder. Hin und wieder könnte die Geschichte interessant sein, was jemanden dazu bewegte, ein Rad in den See zu werfen.

Meist dürfte es sich jedoch um das Ergebnis eines simplen Gelegenheitsdiebstahls handeln.

Es liegt scheinbar weniger Müll als früher um die Seen. Beim abschließenden Erbsensuppe-Essen beim Angelsportvereins Mühlheim wird Dr. Peter Mayer vom Umweltstammtisch das gleiche auch von der Umgebung am Bahnhof berichten, „vielleicht sind die Menschen etwas bewusster geworden“. Mayer kritisiert jedoch, dass eine Gesellschaft überhaupt, gegen jede Vernunft, Unmengen an Verpackung produziert.

Nicht nur Mühlheimer nehmen teil. Das Bürgeler Ehepaar Ingrid und Felix Schöne hatte von der Aktion in der Zeitung gelesen. Ingrid erzählt, „wenn ich mit dem Hund unterwegs bin, habe ich auch immer Zange und Tüte dabei“.

Auch die Männer von der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde nehmen wieder teil, darunter befinden sich etwa Jamin Ahmad Mohghal und seine jugendlichen Söhne Safeer und Arslan. Die Ahmadiyya-Anhänger treten neben der Trennung von Kirche und Staat für eine Loyalität zu dem Land ein, das sie auf der Flucht vor Verfolgung in Pakistan aufnahm. Dort wird die Gemeinschaft als unislamisch verfolgt.

„Wir machen hier als Ausgleich mit, weil wir von der Stadt für Silvester keine Genehmigung mehr bekommen“, erklärt Raameez Maghal. Das versteht sich nicht von selbst.

Normalerweise hat niemand was dagegen, wenn sich jemand bereit erklärt, irgendwo Dreck wegzumachen, den er selbst nicht verursachte. Schon traditionell kehren Mitglieder der Gemeinde in vielen Städten morgens nach Silvester Böller und Raketen von der Straße.

Dazu braucht es aber eine Genehmigung, „wir hoffen, die zum nächsten Mal vielleicht wieder zu bekommen“.

Zum Zweiten mal ist Hannelore Schulz mit von der Partie. Sie gehört der Gymnastikabteilung der DJK Spvgg. Mühlheim an. Schulz berichtet ebenso, weniger als letztes Jahr gesammelt zu haben, wie Lars Reichert, der mit seiner zweijährigen Tochter unterwegs ist. Die freut sich natürlich über jede leere Chipstüte. Die Mutter fehlt, „meine Frau ist zu Hause und genießt es, mal Zeit für sich zu haben“.

Trotz mancher die dachten, es sei weniger geworden, sammelten die vielen Helfer insgesamt 820 Kilo Müll. Rund 170 mehr als 2017.