Engagement in Vereinen ausgezeichnet Mühlheimer Werner Kempf erhält Landesehrenbrief

Werner Kempf (Mitte) erhält von Landrat Oliver Quilling (links) in Anwesenheit von Bürgermeister Daniel Tybussek den Ehrenbrief des Landes Hessens. Foto: Mangold

Mühlheim (man) – Vor ein paar Wochen stand Werner Kempf im Trauzimmer des Rathauses im Zentrum des Geschehens. Heiraten wollte der Mann natürlich nicht. Landrat Oliver Quilling war gekommen, um dem 82-jährigen früheren Handballer, Vizevorsitzenden und Städteführer in Anwesenheit von Bürgermeister Daniel Tybussek und im Auftrag von Ministerpräsident Volker Bouffier den Ehrenbrief des Landes Hessens zu verleihen.

Quilling betont, der Hessische Ehrenbrief sei kein Dokument, das die Regierung in Wiesbaden so en passant verleihe, wenn es gerade mal passt, „er ist stets die Folge eines ehrenamtlichen Engagements über Jahrzehnte“.Dann ist es sonnenklar, warum es jetzt Werner Kempf traf, den groß gewachsenen Mann, der als Bub im Alter von zehn Jahren der Handballabteilung der kurz zuvor gegründeten Sport Union Mühlheim beitrat.

Im Verein übernahm der Ingenieur später den Posten des Schriftführers, des Jugendleiters und des Chefs der Handballabteilung. Landrat Quilling erwähnt, wie Kempf Ende der 60er Jahre eine Mädchenmannschaft ins Leben rief. Das passierte zu einer Zeit, als noch viele Kerle am Stammtisch faselten, Frauen sollten sich doch lieber dem Turnen oder der rhythmischen Sportgymnastik widmen, von athletischen Mannschaftssportarten wie Handball aber die Finger lassen.

Als Rechtswart beim Handball aktiv

Kempf selbst war in einer Zeit, als es hierzulande noch keinen Profisport gab, nicht als reiner Hobbyhandballer aktiv. Ende der 50er Jahre ließ er sich die Chance nicht entgehen und wechselte zur SG Dietzenbach, als Dietzenbach zu den besten Handballmannschaften der Bundesrepublik gehörte. Mit seinen 192 Zentimetern wirkte der Mann auf Gegenspieler einschüchternd. Aus Kempfs Jahrgang erreichte kaum einer diese Größe. Von 1975 an füllte der gebürtige Mühlheimer für sechs Jahre einen Posten aus, für den sich wohl generell nicht all zu viele zur Wahl stellen.

Denn ein Rechtswart des Handballkreises Offenbach-Hanau-Gelnhausen des Hessischen Handball-Verbands muss schließlich vor allem dann aktiv werden, wenn durch unfaire Spielweise die Dauer von Sperren zu klären sind. Als Funktionär des eigenen Vereins „war Kempf in den 70er Jahren eine der treibenden Kräfte beim Bau eines Handball-Kleinspielfeldes“. Der Landrat erinnert an das 50-jährige Bestehen der Sportunion im Jahr 1995, „damals organisierten Sie federführend die Festaktivitäten“. Von 1987 bis 1996 übernahm Kempf den Vizevorsitz des Gesamtvereins.

Führungen rund um Mühlheims Brauchtum und Traditionen

Werner Kempf kennen im Ort auch viele, die mit Sport wenig und mit Handball schon gar nichts am Hut haben. Kempf setzte sich für den Geschichtsverein ein, referierte über Brauchtum und Traditionen. Das geschah vor allem auf seinen Führungen durch den Ort, wenn der frisch Geehrte erklärte, wie Mühlheim einst aus dem Portfolio des einen Regionalherrschers in die Tasche des anderen verschoben wurde. Der ausgebildete Gästeführer zeigte im Auftrag der Stadt oder des Kreises Interessierten nicht nur das alte Rathaus, den Platz der ehemaligen Synagoge oder die neue „Rialtobrücke“ über der Rodau, in mehr als 60 Gästeführungen sprach Kempf auch über die Historie des Heusenstammer Schlosses oder die Funktion der Basilika in Seligenstadt.

Im Geschichtsverein arbeitete er mehr als zehn Jahre als Mitglied im Autorenbeirat für den Museumsbrief mit. Außerdem half Kempf, Ausstellungen zu organisieren. Als Ingenieur lag sein Fokus auf der Industriegeschichte. Auch Karl-Heinz Stier, der Vorsitzende des Geschichtsvereins, gratuliert Werner Kempf. Der Landesehrenbrief werde selten verliehen, „erst recht an ein Mitglied des Geschichtsvereins“. Landrat Quilling dankte auch Magda Kempf, der Gattin des Gewürdigten, „Sie mussten schließlich ständig auf Ihren Mann zu Hause verzichten“. Der Landesehrenbrief sei generell eine Auszeichnung, „die den Bürgern einen Anreiz gibt, sich ebenfalls ehrenamtlich zu engagieren“.