Hospizgemeinschaft Mühlheim begleitet Sterbende auf dem letzten Weg Offenes Ohr und helfende Hand

Dr. Frank Wempe ist Vorsitzender der Hospizgemeinschaft Mühlheim. Foto: man

Mühlheim (man) – Jeder Biografie ist eines gewiss, sie endet mit dem Tod. Ein Gedanke, den die meisten lieber verdrängen. Nicht so die Mitglieder der Hospizgemeinschaft Mühlheim. Sie kümmern sich um Menschen, die in der Regel alle Hoffnung auf ein Überleben fahren ließen.

Ab Mitte März verbrachten die Bewohner vieler Alters- und Pflegeheime über Monate ihre Tage alleine in ihren Zimmern. Angehörige durften wegen der Infektionsgefahr nicht zu Besuch kommen. Das galt auch für die Helfer der Hospizgemeinschaft Mühlheim. Wegen der Lockdown-Vorschriften konnten diese nicht in Sterbehospize. Mittlerweile bieten diese den Helfern jedoch an, sich vor Ort einem Schnelltest zu unterziehen.

Hierzulande engagieren sich nach wie vor viele ehrenamtlich, sei es als Kassenwart im Verein oder Elternbeirat in der Schule. Alleine der Gedanke, fremde Sterbende begleiten zu müssen, erschreckt wohl die meisten. Dr. Frank Wempe, Vorsitzende der Hospizgemeinschaft Mühlheim e.V., erinnert sich, wie er auf das Thema kam. Der Biologe an der Uniklinik in Frankfurt erzählt von der Zeit, als er sich im Kreis um die längst geschlossene Mühlheimer „Galerie Regenbogen“ bewegte. Später besuchte er jeden Sonntag Nic Masters, eine der Initiatorinnen der Galerie. „Am Ende war sie an Demenz erkrankt“, erinnert sich Wempe. Sie verlor das Kurzzeitgedächtnis. Wempe musste sich ihr nicht jeden Sonntag neu vorstellen, „sie erkannte mich ohne Probleme“. Spätestens in dieser Zeit habe er gemerkt, mit alten Menschen gut zu können. Schließlich starb Nic Masters mit 86 Jahren in den eigenen vier Wänden, „sie schlief einfach ein“.

Sterbehilfe ist hierzulande schon lange ein umstrittenes Thema, nicht erst seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020. Die Richter erklärten, das Recht auf selbstbestimmtes Leben schließe die Freiheit mit ein, sich das Leben zu nehmen. Dies umfasse auch die Freiheit, „hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen“. Vor Kurzem behandelte auch der von der ARD ausgestrahlte Film mit dem Titel „Gott“ die Problematik. Die Handlung: Während einer Sitzung des Ethikrats stoßen die Argumente aufeinander. Auf der einen Seite steht der Wille, Herr über den eigenen Todeszeitpunkt sein zu dürfen, auf der anderen der Glaube an den „heiligen“ Wert menschlicher Existenz.

Wempe betont, die Hospiz-Gemeinschaft positioniere sich dazu nicht. „Natürlich haben unsere Mitglieder eigene Meinungen, wir als Verein sind aber neutral“. Schließlich sollen die Begleiter Angehörigen und Sterbenden wertfrei gegenübertreten. Ein Gläubiger soll nicht versuchen, den Atheisten zu bekehren, der Atheist darf dem Gläubigen die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod nicht nehmen.

Wer im Hospiz liegt, hat in der Regel den Kampf gegen einen Tumor verloren. Er gilt als „austherapiert“, die Hoffnung liegt hinter ihm. „Dennoch fallen wir nicht mit der Türe ins Haus und fragen etwa, ,haben Sie auch alles geregelt?’“. So wie kein Helfer keinem Sterbenden die eigene Sicht auf Gott und die Welt aufdrückt, gibt niemand die Gesprächsthemen vor, „man wartet ab, was kommt. Manchmal reicht es, die Hand zu halten“.

Momentan kann sich die Hospizgemeinschaft auf zwölf Helfer stützen. An einem Ausbildungsseminar nahmen jüngst zehn Interessierte teil, „mit so vielen haben wir nicht gerechnet“. Die meisten haben den Wunsch, Menschen während ihrer letzten Tage zu begleiten, „weil sie in der eigenen Familie die Situation schon erlebten“.