Schreinermeister vermietet Werkstatt an Kunden Der Ort, an dem Späne fallen

Schweres Gerät: Auch diese Kreissäge können Besucher von Michael Kempfs „Freiraum“ während ihres Aufenthalts zur Umsetzung ihrer Projekte nutzen – der Experte schaut dabei stets beratend über die Schulter. Bild: frenger

Mühlheim – Wer die Werkstatt von Schreinermeister Michael Kempf in der Borsigstraße 10 betritt, erkennt sofort: Hier geht’s zur Sache. In deckenhohen Regalen stapeln sich Bretter, Platten und zahlreiche Dosen mit speziellen Ölen und Polituren. Davor baut sich ein eiserner Tisch auf, in dessen Mitte noch das Sägeblatt steckt, umgeben vom Staub des soeben zerschnittenen Holzes - in der Luft liegt der Geruch von Sägespänen.

In diesem „Freiraum“, wie Kempf seine umfunktionierte Garage getauft hat, arbeitet der 56-Jährige, der seit über 25 Jahren als selbstständiger Schreiner tätig ist, jedoch nicht einfach nur still und heimlich vor sich hin. Seit 2020 vermietet er seine Wirkungsstätte an Privatpersonen und bietet ihnen dort die Gelegenheit, sich kreativen Holzarbeiten zu widmen. Dabei können sich die Kunden in der Werkstatt frei bewegen, auf sämtliche Materialien und Gerätschaften zugreifen - stets unter dem geschulten Blick des Experten.

„Die Leute bringen ganz unterschiedliche Vorkenntnisse mit, manche kennen sich schon sehr gut aus, andere sind noch Anfänger“, berichtet Kempf. Um herauszufinden, was sich der jeweilige Kunde vorstellt und wie viel Erfahrung vorhanden ist, führt der gelernte Schreiner in der Regel vor Ort ein erstes Beratungsgespräch durch.

Das sei nötig, um abschätzten zu können, wie intensiv derjenige betreut werden muss. „Für einige Maschinen ist durchaus eine längere Einweisung erforderlich, das macht aber natürlich keinen Sinn, wenn der Kunde nur für ein paar Stunden hier ist“, erläutert der Handwerker. Ebenso unterschiedlich wie die Kenntnisstände seiner Besucher, sind auch deren Kreationen. Die Palette reicht von herkömmlichen Regalen und Schränken über Eierbecher mit selbstgefrästen Verzierungen bis hin zu Schubladen für einen ausgebauten Van.

„Die Leute arbeiten sehr gerne mit Holz, weil es ein natürlicher, formbarer Rohstoff ist“, merkt Kempf an und streicht dabei über eines der unfertigen Regale. Sollte das Projekt mehrere Sitzungen in Anspruch nehmen, bietet der 56-Jährige seinen Kunden die Möglichkeit, ihre Arbeiten vor Ort zu lagern. Einzige Voraussetzung: der Platz muss vorhanden sein.

Laut Kempf können maximal drei Personen gleichzeitig in seiner Werkstatt hantieren - dann sei der Raum ausgereizt. Momentan öffnet er seine Garage immer freitags von 16.30 bis 21 Uhr und samstags von 11 bis 21 Uhr, an den restlichen Tagen geht er seinem Job als Schreiner nach, ist auf Baustellen unterwegs und besucht Kunden.

Von denen habe er schließlich auch die Idee für „Freiraum“ bekommen, wie der Mühlheimer verrät: „Viele waren unheimlich fasziniert und haben von der Arbeit mit Holz geschwärmt, wenn ich da war - nur fehlt es den meisten eben an Platz, Gerätschaften und Material, um solche Projekte umzusetzen“, hat Kempf festgestellt. Also habe er sich kurzerhand dazu entschlossen, seine Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Und das Angebot kommt an: Seit Ende der Pandemie habe der Handwerker regelmäßig volles Haus. „Ich habe zunächst gar nicht damit gerechnet, aber der Drang der Menschen, kreativ zu werden, ist in den letzten Jahren enorm gewachsen.“

Neben älteren Menschen, die „mal wieder etwas basteln wollen“ ziehe es auch immer wieder Familien mit Kindern zu Kempf in die Borsigstraße. „In den meisten Fällen steht die Erfahrung, etwas mit den eigenen Händen herzustellen, im Vordergrund“, meint der Experte. Der Handwerker genießt es, seine Kunden dabei zu unterstützen und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.

„Ich freue mich über jeden, der kommt und finde es toll, wenn sich die Kunden auch untereinander vernetzen und vielleicht sogar Freundschaften entstehen“, sagt Michael Kempf, der sich durchaus vorstellen kann, den Fokus eines Tages vollständig auf die Vermietung seiner Werkstatt zu legen.

Wer sich über

Preise und Angebote von „Freiraum“ informieren möchte, kann dies unter michas-freiraum.de tun.

Von Jan Lucas Frenger

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