Freiwillige Feuerwehr Mühlheim feiert 150-jähriges Bestehen Wie Pech und Schwefel

Zu Ehren des Geburtstagskinds: Während der Feierlichkeiten brachten die Wehren der umliegenden Gemeinden sowie die Jugendfeuerwehr Bänder für die neue Vereinsfahne mit. Bild: prochnow

Mühlheim – Viel Lob, Respekt und Anerkennung prägte die akademische Feier der Freiwilligen Feuerwehr Mühlheim. Zahlreiche Gäste lobten das ehrenamtliche Engagement der Aktiven in der Gemeinschaft, die am Samstagabend in der Willy-Brandt-Halle ihr 150-jähriges Bestehen feierte. Wehrführer Patrick Soldevilla führte durch ein Programm, das mit Film, einer neuen Vereinsfahne und einer Chronik (siehe Seite 2) mit Internetzugang Unterhaltungswert in den Reigen der Reden brachte.

Wer sich bis zur Feier noch keinen Reim darauf machen konnte, was es bedeutet, sieben Tage pro Woche 24 Stunden abrufbereit zu sein, bekam live einen Eindruck: Alarmempfänger gaben Signal, mehrere Aktive verließen im Laufschritt den Saal. Über die Leinwand liefen indes Bilder vergangener Einsätze und Veranstaltungen der Jubilarin. Die Laudatio erklang aus berufenem Munde, schließlich ist Stadtverordneten-Vorsteherin und Festpräsidentin Gudrun Monat mittlerweile aktive Feuerwehrfrau in Lämmerspiel.

Monat erinnerte an die Gründungszeit, als die Revolution einen Nationalstaat mit Verfassung, Parlament und Grundrechten forderte, in der Paulskirche die Demokratie ausriefen. Die Fürsten zerschlugen diese Anfänge, alles blieb beim Alten - fast alles. Die Presse- und Meinungsfreiheit wurde durchgesetzt, Parteien und Gewerkschaften entstanden, auch die ersten Feuerwehren. „Die Wehren wirkten im Geist der Revolution: selbstständig, freiwillig, ehrenamtlich, demokratisch. Und sie qualifizierten sich für den Ernstfall“, erinnerte die Rednerin. Die Mühlheimer stellten die zweite Wehr im Kreis Offenbach auf, nutzten erst Scheune und Leichenhaus und eröffnete 1898 das erste Spritzenhaus in der Bleichstraße. Die Politikerin erinnerte an die „unmenschliche Belastung“ in der Nazi-Zeit. Danach hat die Mühlheimer Wehr mit 16 Aktiven die Vorkriegsstrukturen wieder aufgebaut und Willi Neun zum ersten Kommandanten gewählt. 1962 wurde eine Schülerfeuerwehr ins Leben gerufen. Vier Jahre später wurde das Feuerwehrhaus in der Dietesheimer Straße eingeweiht. 1990 begrüßten sie das erste Mädchen in der Jugendwehr. Im Jahr 2011 zogen die Brandschützer in den neuen Stützpunkt, 2015 gründeten sie die Kinderfeuerwehr und halfen bei der Suche nach Unterkünften für Flüchtlinge, betonte die Laudatorin. „Einige Migranten sind in die Einsatzabteilung gekommen“, fährt sie fort. Die heutige Ausrüstung sei hoch technisiert, die Einsätze erfordern „eine breit gefächerte Ausbildung und eine klare Hierarchie, gegenseitiges Vertrauen, Solidarität und respektvollen Umgang“, zählte Monat auf. „Wir halten zusammen wie Pech und Schwefel, die Politik könnte sich an der Streitkultur der Feuerwehr ein Beispiel nehmen.“ Die Laudatorin regte einen Steuerfreibetrag für Aktive an. Arbeitgeber können Brandschützer einstellen - „oder selbst einer werden“. Ansonsten: „gut über die Wehr reden, sie wertschätzen“, bat die Feuerwehrfrau. Sie ließ den Kameradinnen und Kameraden mit lang anhaltendem Applaus danken.

Vereinsvorsitzender Andreas Neun stellte eine neue Fahne mit Feuerwehrhaus, Stadtwappen und neuem Logo vor. Zu den Gratulanten zählten der Bundestagsabgeordnete Björn Simon, der Landtagsabgeordnete Marvin-Ben Flatten, Kreisbeigeordneter Carsten Müller, Bürgermeister Daniel Tybussek und Erster Stadtrat Dr. Alexander Krey sowie Vertreter der Wehren und Stadtvereine. Das Blasorchester der Sport-Union begleitete die gut besuchte Feier.

Von Michael Prochnow