Kappenabend der Kolpingfamilie Dietesheim Pfiffige Reden und flotte Tänze begeistern

Gesanglich top und auch sonst gefallen die „Stereotones“, ein loser Verbund von Frauen, die sich aus der Dietesheimer Nachbarschaft kennen. Foto: Mangold

Mühlheim (man) – Erst mal flunkern beim ersten Kappenabend der Kolpingfamilie Dietesheim ganz sicher fast alle im Saal, die zusammen mit der Band „White Angels“ anstimmen: „Am Rosenmontag bin ich geboren“ . Zu unwahrscheinlich, dass dies auf den ganzen Saal zutrifft. Die Garde-Purzel geben auf der Bühne die Ouvertüre, die Vier- bis Neunjährigen. Die haben fein geübt und präsentieren sich im bis zum allerletzten Platz gefüllten Pfarrheim von San Sebastian. Unter anderem tanzen sie zum Evergreen, der behauptet, „Ich brauch kein Pfennig zum Glück“. Eine romantische Vorstellung, die später schnell bröckelt.

Durchs Programm führt Wolfgang Kramwinkel, der von strenger Vorgabe nichts hält und auf alles eingeht, was ungeplant passiert. Der Sitzungspräsident empfängt das Who’s Who der närrischen Aristokratie: Die Babbscher-Comtesse Eva Lotta I. mit Leder-Baron Chris I. aus Obertshausen, die Lämmerspieler Prinz Peter I. und Prinzessin Jasmin I.. Die Mühlheimer Maren I. und Moritz I. fehlen ebenfalls nicht.

Dann steigt Andreas Dippelhofer fürs Protokoll in die Bütt. Der Mann berichtet von einem Strafrichter in Rostock, der sich auf Facebook mit einem T-Shirt ablichten ließ, auf dem notiert stand: „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA.“ Dippelhofers Prophezeiung über die Zukunft des Berliner Flughafens lässt sich schwer widersprechen: „Bis hier die erste Fliecher lande, is auf‘m Mars neues Lebbe entstande.“

Pfarrer wird zum Oberkellner

Von einem neuen Job erzählt Pfarrer Willi-Gerd Kost, der nach zehn Jahren auf den Kanzeln von Diestesheim und Lämmerspiel zum Oberkellner umschult und in der einstigen Biogasanlage das Restaurant Waldesruh eröffnet. Dort meidet der Geistliche das wirtschaftliche Risiko. Mit dem vollen Teller serviert er die Rechnung, was den Gast wundert: „Warum schon bezahle, ich esse doch noch?“ – „Bei Pilzgerichten üblich, Grüße vom Koch.“ Bis 2011 war Bernd Müller von den Christdemokraten Bürgermeister der Mühlenstadt. Er tritt als Friedrich Schiller mit Kumpel Goethe (Rolf Wildhirt) auf, der sich wie das Original auf dem Bild von Wilhelm Tischbein aufs Chaiselongue drapiert. Müller bespricht, dass seine Parteifreunde niemanden zur Bürgermeisterwahl ins Rennen schicken: „Für Tybussek war das Problem vom Tisch, ‘dene ihrn Kanidat, den mach ich mit’.“

Saunafreunde Aufguss 09

Auch Stefan Heberer erledigt alles selbst, in seiner Rolle als klassisch deutscher Hausmeister, der jedes Vorhaben ausführt, egal wen er damit nervt. Panikverbreitung à la „Ach-du-lieber-Gott“, nebst Erkenntnissen wie „mit des Bieres Hochgenuss, wächst des Bauches Radius“, dürfen nicht fehlen. Die Mitglieder des Clubs der „Saunafreunde Aufguss 09“, erzählen von Pokalen für Schwitzrekorde und formulieren Zungenbrecher ums Thema, gegen die sich „der Whiskymixer mixt Whisky“ problemlos in jeder Geschwindigkeit artikulieren lässt.

Tänzerisch ist das Niveau aller fünf Garde-Gruppen ausgesprochen hoch. Kramwinkel spricht von 46 Mädchen und jungen Frauen, die unter dem Dach der Kolpingfamilien trainieren, „und das, obwohl wir kein Karneval-Verein sind“. Die „Stereotones“ mit Alexandra Rappelt am Klavier singen wunderbar anzuhören nicht nur „Ein Hoch auf dieses Leben“. Die Dietesheimer Frauen im Mutteralter glänzen auch visuell. Ansonsten gibt sich das Wikinger-Männerballett zwar als Trupp harter Kerle, die es aber auch verstehen, die Damenwelt zu reizen. Der Saal tobt, als die Überlegung der KJG, welcher Vortrag ein Brüller sein könnte, im Synchronhaarwaschen mündet. Die Kappenträger fürchten in bayerischer Kluft per Liedgut „Mein Glas hat ein Loch“.