Weiße Nacht soll nicht die letzte sein Rote-Warte-Siedler wollen den Park häufiger nutzen

Im Zentrum des Viertels ganz in Weiß: Rund 150 „Siedler“ ließen es sich in dem kleinen Park schmecken. Foto: Mangold

Mühlheim (man). Die Siedlergemeinschaft Rote Warte hatte zur „Weißen Nacht im Park“ eingeladen und viele Anwohner kamen. Jeder bereitete zu Hause etwas zum Essen vor, das dann gemeinsam verspeist wurde. Anziehen darf jeder was gefällt, nur weiß sollte es sein.

Es war der heißeste Tag des Jahres. Der Vereinsvorsitzende Franz-Dieter Buchheimer legte noch Bier- und Weißweinflaschen ins Eiswasser. Ein paar eingeplante Helfer mussten wegen der hohen Temperaturen allerdings die Fühler strecken.

Buchheimer erzählte von der Geschichte des Viertels. Das nahm 1936 mit elf Häusern seinen Anfang. Damals gründete sich auch der Verein. Bis dahin war die Rote Warte Waldgebiet. Im Mittelalter fuhren hier die Händler von Augsburg zur Messe nach Frankfurt vorbei. Die großen Eichen, unter denen die etwa 150 Nachbarn sitzen, standen schon im Kaiserreich. Die Idee zur „Weißen Nacht im Park“ kam von Andrea Fritz, der Gattin des Vizevorsitzenden Jürgen Fritz.

Die Mitglieder diverser Religionsgemeinschaften tragen zu ihrer Identität ebenfalls Weiß. Dass hier keine Sektenmitglieder miteinander speisen, lässt sich aber auf den ersten Blick von der Straße aus ernennen. Dafür wirken die Leute zu unterschiedlich.

Vor drei Jahren erneuerte sich der Vorstand der Siedlergemeinschaft. Die 38 Jahre zuvor hatte Bernd Popp den Verein geführt. Der aktuelle Vorsitzende Franz-Dieter Buchheimer, der in Offenbach aufwuchs, kam durch seine Frau Bärbel vor 40 Jahren ins Viertel. Andreas Stenger, sein 91-jähriger Schwiegervater der bei Buchheimers im Haus wohnt, zog als Elfjähriger mit seinen Eltern her.

Das Viertel entstand aufgrund eines Reichsheimstättengesetzes aus der Weimarer Republik, 1929 wurde das Projekt bewilligt. Die Idee lag darin, Bürger aus der Stadt zu bewegen, in ländliche Gebiete zu ziehen. Wer hier ein Haus für günstiges Geld kaufen wollte, musste mit der Nachbarschaft in spe nach Feierabend und am Wochenende auf den Baustellen arbeiten. Damit niemand pfuscht, gab der öffentlichen Träger erst bekannt, wer welche Immobilie bekommt, wenn der Rohbau stand. Die vergleichsweise großen Grundstücke sollten den Siedlern dazu dienen, sich durch private Landwirtschaft zu einem Teil selbst zu versorgen. „Eine Geschichte der Nazis war das jedoch nicht“, erklärt Buchheimer, „schließlich kam die Bewilligung schon 1929.“

Der Geist der Nachbarschaft verflog auch über die Generationen nicht. Jeden Donnerstag treffen sich einige zum Stammtisch im Vereinsheim an der Henri-Dunant-Straße, obwohl dort momentan kein Wirt das Bier ins Glas gießt. Wenn die Renovierungsarbeiten beendet sind, hofft der Vorstand des Clubs, der in diesem Jahr 80. Geburtstag feiert, auf einen Pächter, der deutsche Küche anbietet.

Wie Nachbarschaftshilfe im Viertel aussieht, zeigt sich auch am Verhältnis zur Rote-Warte-Schule in der Birkenwaldstraße. Dort wird gerade die Turnhalle renoviert, weshalb es für die Einschulungsfeier einen anderen Platz brauchte. Die Siedlergemeinschaft stellte ihren großen Saal zur Verfügung. Dort feiert der Verein Mitte September sein Oktoberfest, bei dem erst eine 17-Mann-Kapelle aufspielt, später, mit Blick auf die Jugend, ein DJ auflegt.

Das Treffen im Park soll nicht das letzte seiner Art gewesen sein. Überhaupt will die Siedlergemeinschaft das grüne Areal im Zentrum des Viertels verstärkt fürs Vereinsleben nutzen. Niemand solle etwas auf die Idee kommen, betont Jürgen Fritz, die Fläche könnte sich doch ideal für ein paar neue Häuser eigenen.