Stadtwerke Mühlheim veranstalten Tag der offenen Tür So funktioniert die Wasserversorgung

Was passiert mit dem, was nach dem Spülen der Toilette in den Abwasserrohren verschwindet? Am Klärwerk bekommen es die Leute genau erklärt. Foto: man

Mühlheim (man) – Wer in einem Land wie Madagaskar oder Kenia lebt, kommt es wie ein Blick ins Paradies vor, keine drei Kilometer bis zum nächsten Brunnen zu laufen, sondern in der eigenen Wohnung aus dem Wasserhahn trinken zu können, ohne daran zu erkranken oder zu sterben. Unter dem Motto „Alles klar“ veranstalteten die Stadtwerke Mühlheim mit dem „Abwasserverband Untere Rodau“ am Sonntag einen „Tag der offenen Tür“. Die Wasserwerke zeigten, wie sie das herstellen, was der Abwasserverband schließlich wieder reinigen muss.

Im Ranking der trockensten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen belegt der von 2018 hinter dem von 1911 den zweiten Platz.

Was erstaunt: Trotz der Hitze stieg der Wasserverbrauch in Mühlheim gerade mal um acht Prozent, wie der Stadtwerke-Chef Wolfgang Kressel erwähnt. Stephan Petri, der technische Leiter der Bereiche Gas und Wasser, schätzt, die meisten hätten nach kurzer Zeit aufgegeben, den Rasen seinem Schicksal überlassen.

Den letzten Tag der offenen Tür veranstalteten die Stadtwerke im September 2016. Diesmal habe man sich für den Sonntag nach dem sogenannten „Weltwassertag“ der UNO entschieden, der es in Folge der ersten Umweltkonferenz von Rio ab 1993 in den internationalen Kalender schaffte.

Durch den Kontakt mit verdrecktem Wasser und desaströser Abwasserentsorgung sterben weltweit rund eine Millionen Menschen pro Jahr. Das Wasser, das der Mühlheimer durch die Kaffeemaschine laufen lässt, stammt aus zwei Brunnen zwischen Bahnhof und Sportplatz und aus fünf weiteren im Markwald nahe der Bonhoeffer-Gemeinde. „Zum größten Teil jedenfalls“, erklärt Wassermeister Petri. Denn das Mühlheimer Wasser aus 60 Meter Tiefe gilt unverdünnt als zu hart, „zu viel Kalzium, zu viel Magnesium“. Um den Wert zu senken, mischen die Stadtwerke ein Drittel aus den gut hundert Brunnen des „Zweckverband Wasserversorgung Stadt und Kreis Offenbach“ hinzu. Vor kurzem bekamen die Stadtwerke für weitere 20 Jahre die Wasserrechte vom Regierungspräsidium in Darmstadt erteilt. Geschäftsführer Kressel erklärt, in Deutschland habe man weniger mit Lobbyisten zu kämpfen, die einer Privatisierung der Wasserversorgung das Wort reden. Konzerne wie Nestle oder Coca Cola seien natürlich an dem Geschäft interessiert, „Vorschläge in deren Interesse kommen aber regelmäßig aus der EU“.

Ein Grund für eine Privatisierung des Wassers lässt sich jenseits des Geschäftsinteresses nicht erkennen. Der Mühlheimer zahlt für 1.000 Liter immer noch nur 1,67 Euro. Ständig wird das Wasser auf mögliche Schadstoffe untersucht, die ein Aktivkohlefilter-System herauszieht, ehe es an der Bahnhof- oder der Mozartstraße aus dem Hahn fließt. „Für die Kohle haben sich verbrannte Kokosnuss-Schalen als das beste erwiesen“, erklärt Technik-Chef Petri. Um möglichen Keimen im Wasser auf den Leib zu rücken, kommt UV-Licht zum Einsatz. „Das wirkt wie ein Sonnenbrand, den sie nicht überleben können“, vergleicht Wolfgang Kressel.

Anscheinend wollen viele Leute wissen, was aus dem wird, was sie die Toilette runter spülen. Im Mühlheimer Klärwerk an der Rumpenheimer Straße, das der „Abwasserverband Untere Rodau“ betreibt, ist der Andrang besonders hoch. Bis in die siebziger Jahre kam niemand, dem an seiner Gesundheit liegt, auf den Gedanken, in deutsche Flüsse zu steigen. Die galten als vergiftete Kloaken. Die Industrie musste keine Mark in Kläranlagen investieren. Heute sind es insgesamt neun Schritte, die es braucht, bis das Abwasser aus den Rohren der Kanalisation in den Main fließt. Der Ingenieur Jens Wissmann, Geschäftsführer des Abwasserverbands, beschreibt die biologische Klärung, wenn sich etwa das für Gewässerlebewesen giftige Ammonium erst „über Nitrit zu Nitrat“ wandelt, im Anschluss der im Nitrat gebundene Stickstoff zu molekularem Stickstoff, der schließlich über die Luft entweicht.

Für Mühlheimer heißt es etwa, was früher kaum ohne Hautausschlag und Durchfall endete, ist heute wieder möglich, im Main schwimmen zu können.