Herbstferienspiele der Jugendförderung trotzen Corona Spezielles Konzept mit weniger Kindern und gekürztem Programm

Victoria und Dalwin sind in ihrem Element, wenn sie die glibberige Masse herstellen dürfen, die sich anschließend hervorragend zum Formen von Figuren eignet. Foto: m

Mühlheim (m) – Zwei Jungs und ein Mädchen hocken auf den bunten Kunstleder-Bezügen von niedrigen Hockern. Plötzlich werden sie wie von Geisterhand durchgeschüttelt, nach vorne und wieder nach hinten geworfen. Auch nach rechts und nach links wanken die Körper, bevor sie ebenso unerwartet und friedlich wieder aufrecht sitzen. Die Flugpassagiere mussten gerade die Folgen heftiger Turbulenzen ausbaden, und das, nachdem das Essen ausgeteilt war.

Die Improvisationen auf der Bühne machen den Theater-Schülern von Aris Dimitriou sichtlich Spaß. Das gilt auch für das Duo, das im Foyer des Jugendzentrums (Juz) wackeligen Schleim zusammenrührt. Trotz Corona laufen die Herbstferien-Spiele der Jugendförderung, wenn auch mit verkleinertem Teilnehmerfeld und gekürztem Programm. Die Passagiere und Pampen-Mixer stört’s nicht.

Victoria empfiehlt einen kräftigen Schuss Holzleim, eine Handvoll Rasierschaum, ein paar Tropfen Lebensmittelfarbe und ein Spritzer Kontaktlinsenlösung: So erhält der Schleim die richtige Konsistenz. Victoria und Dalwin füllen die glibberige Masse in flache Plastikschalen. Der selbst gemachte Stoff eignet sich, um Figuren zu formen, zeigt die Zehnjährige.

Auf den zusammengerückten Tischen verteilen sich Schüsseln, Flaschen und ein aufgeschnittener Kürbis. Aus Kastanien, Eicheln und Farben sind bereits Pilze und Eulen entstanden. 18 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren sind für fünf Tage zur Ferienaktion angemeldet. Bis zu fünf Betreuer messen beim Ankommen und vorm Gehen die Temperatur der Teilnehmer – der höchste Wert betrug 37,8 Grad Celsius, protokollierte Alexander Meister. Abstand-Halten funktioniert meistens nicht, eine Maske brauchen die jungen Mühlheimer aber nicht.

Die Sozialpädagogen achten darauf, dass sich die Schüler regelmäßig die Hände desinfizieren. Essen teilen geht nicht mehr, selbst zubereiten schon gar nicht, gemeinsam aus ein- und derselben Tasse trinken ist ebenfalls tabu. Es gibt Apfelschorle aus der Flasche und ein abgepacktes Mittagessen vom Caterer – die Corona geschuldeten Maßnahmen sind für die Mädchen und Jungen in der weitläufigen Einrichtung längst Alltag. Nur wenige toben im Freien mit einem Fuß- oder Basketball. Im Tanzsaal bewegt sich ein Duo vor den Monitoren zu den Vorgaben aus der Konsole. Die beliebtesten Spiele seien das Fußballprogramm Fifa, heißt es, Skispringen, boxen und Tennis zum Mitmachen. Das ist den Betreuern lieber, als wenn ihre Schützlinge nur die Daumen über die Tasten des Handys flitzen lassen. Viele treten nämlich den ganzen Vormittag über in Internet-Computerspielen gegeneinander an, berichtet Meister. „Das haben sie sich während des Lockdowns angewöhnt“, weiß er. Seit einigen Jahren verfügt das Juz über einen offenen Zugang zum weltweiten Netz, was die Kommunikation erleichtert. Nach dem Mittagessen heißt es aber „Smartphones ausschalten“. „Ich bin zum ersten Mal da“, erklärt der siebenjährige Darwin. Ihm gefällt es, mit anderen Kindern zu spielen, „vor allem mit den größeren“. Auch die zehnjährige Victoria findet das Angebot „schön! Hier kann man Sachen ausprobieren“, erklärt sie und öffnet wieder den Deckel, in dem das Glibberzeug wabert. „Zu Hause ist nie jemand da – außer meine Schwester.“

Pädagogin Klara Ammouchi informiert, dass es diesmal keine Ausflüge gebe, weder in ein Schwimmbad noch in einen Freizeitpark oder in ein Museum. Die strengen Regeln verhindern auch, dass sich das Jugendforum mit bis zu 70 Teenagern trifft. Das würde auch per Video nicht funktionieren, fürchtet Meister. Aber sie suchen nach Wegen, Corona zu überlisten.