30-jähriges Bestehen des Mühlheimer Frauenbündnisses Stadtspaziergang am Volkstrauertag

Der Spaziergang führte die Teilnehmer unter anderem auch an das Wachthäuschen. Foto: nj

Mühlheim (nj) – Das Mühlheimer Frauenbündnis und die Mühlheimer Frauenbeauftragte spazierten am vergangenen Volkstrauertag mit Interessierten durch die Stadt. Der geschichtliche Stadtspaziergang informierte an verschiedenen Orten in Mühlheim über die Rolle der Frauen im Nationalsozialismus und andere verschreckende Ereignisse der Nazis, die in der ganzen Stadt geschehen sind.

Der erste Satz des Tages fiel über das Wetter. „Das Thema ist nicht so beschwingt, wie das Wetter“, sagte Eva Scholz, Frauenbeauftrage der Stadt Mühlheim. Der Sonntag zeigte sich von seiner sonnigen, aber kalten Seite. Anschließend wurden die Eckpunkte des Spaziergangs bekannt gegeben. Vom Rathaus ging es über einige Station durch die Stadt. Am Ende waren alle Gäste eingeladen im Haus des Vereins eine kleine warme Stärkung zu sich zu nehmen.

Der erste informative Vortrag des Tages fand noch im Rathaus statt. Hier berichtete Ingrid Till über die Rolle der Frau und wie die Jugend manipuliert wurde. Mühlheim hatte unter dem Regime von Hitler viel zu tragen. So wurde auch hier die Jugend schon früh manipuliert und die Frau, so wurde es befürwortet, gehörte an den Herd. Das Leben der Frauen ist früh manipuliert worden. Kurse in Hausarbeit waren schnell eingerichtet. Die NS-Ideologie schränkte die Chancen der Frauen ein, sich zu bilden und schraubte die beruflichen Chancen deutlich runter. Das Private der Frauen war Staatssache. So wurde auch das Kinderkriegen unter die Hand des Staates gestellt. Wer verhütete war nicht sehr willkommen und wer viel gebar bekam Auszeichnungen, wie das Mutterkreuz in verschiedenen Graden.

Die zweite Station besuchte Stolpersteine in der Bahnhofstraße. Hier wurde über die Bedeutung jener Steine noch mal aufgeklärt und weitere Opfer des Regimes erwähnt. Stolpersteine zeigen vor Gebäuden, welche Einzelschicksale dort passiert sind. Schikane und staatlicher Terror gab es auch in Mühlheim, aber nicht nur gegen Juden.

Wer ungehorsam war oder sich nicht der Führung hingab, bekam ähnliche Probleme. Weiter ging es zur ehemaligen Synagoge. Hier erwähnten die Erzählerinnen, was mit den Juden explizit passierte und wie sie zum Beispiel in Lastwagen oder Sonderzügen deportiert wurden. Auf dem Weg zur nächsten Station finden sich wieder Stolpersteine weiterer jüdischer Familien.

Vor dem Altenwohnheim hielt Daniel Tybussek eine Rede. Danach ging es zum ehemaligen Wachhaus an der St. Markus Kirche. Ein paar Stunden zuvor gab es hier zum Volkstrauertag eine Kranzniederlegung. In diesem Häuschen wurden 1938 acht Männer unter der Folge der Reichspogromnacht eingesperrt. Ein Sonderzug brachte diese Männer dann nach Buchenwald in das Konzentrationslager. Alle acht Männer kamen weinige Jahre später aber wieder frei. Hier wurde in Anwesenheit einiger Gedenkkränze eine Schweigeminute gehalten.

Die letzten beiden Stationen waren beide in der Altstadt. Hier gab es einige Menschen die Probleme mit dem Regime hatten. Sie waren zum Beispiel Kommunisten. Und Kommunisten waren unter dem Führer nicht willkommen. Auf dem ehemaligen Festplatz, heute ein Spielplatz vor der Goetheschule, fand die Bücherverbrennung in Mühlheim statt. Hier wurde auch noch über Erziehungspraktiken gesprochen.

Ein Grund warum die Frauen des Frauenbündnis diesen Spaziergang durchführen ist der, dass die kriegerischen Taten nahezu vollständig geschichtlich aufgearbeitet sind. Die Rolle der Frau und wie sie darunter litt, blieb lange unbehandelt und unerforscht. Erst jetzt werden Erkenntnisse gesammelt, die auf die Rolle der Frauen zurück schließen. Wichtig ist dabei aber auch, dass Frauen nicht nur als Opfer angesehen werden dürfen. Einige Frauen waren Teil des Regimes selbst und trugen zu den vielen Gräueltaten bei.

Dieses schwierige Thema lässt sich nicht mal eben behandeln. Möglichkeiten gab es auch anschließend bei dem Imbiss. Beim Beisammensein wurden auch Bücher über dieses Thema ausgestellt. Alle sind im Mühlheimer Buchladen erhältlich. Das Beisammensein wärmte alle Beteiligten auf. Der Wind kühlte schnell aus und so sehnten sich die Spaziergänger nach einer warmen Suppe und heißen Getränken. Gesprächsbedarf gab es nach dem informativen Tag sicherlich.

Die Veranstaltung fand im Rahmen der Feierlichkeiten zum 30-jährigen Jubiläum des Mühlheimer Frauenbündnisses und der Frauenbeauftragten statt.

Weitere Informationen gibt es unter www.muehlheim.de/30jahrefrauenbeauftragte.

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