Rudolf Härtl will sich für die Hilfe der Mühlheimer revanchieren Straßenfest für guten Zweck

Werbung fürs Straßenfest machen (von links) Rudolf Härtl, Horst Schweikard und Fredi Keller. Foto: Mangold

Mühlheim (man) – Während der Mühlheimer 1200-Jahrfeier erzählte Rudolf Härtl Horst Schweikard von seiner Idee, Ende Mai vor seiner „Probierstube“ Ecke Jean-Monet- und Diestesheimer Straße, ein zweitägiges Fest zu organisieren. Weil Daniel Tybussek in der Nähe stand, sprach der Wirt ihn gleich an. Der Bürgermeister sagte sofort zu, den Verwaltungskram zu übernehmen. Ein Straßenfest muss schließlich angemeldet und genehmigt werden.

Am 27. und 28. Mai kann deshalb niemand über die Jean-Monet-Straße auf die Dietesheimer mit dem Auto fahren.

Weder Schweikard, Härtl, noch Tybussek würden einen solchen Aufwand betreiben, wenn es lediglich darum ginge, den Betrieb der Probierstube zwei Tage nach draußen zu verlegen. Solange bleibt die Kneipe nämlich dicht. Mit dem Erlös des Festes planen die Organisatoren, um den ersten Advent herum in der Willy-Brandt-Halle einen großen Kaffeenachmittag mit Kuchen für Senioren aus Mühlheim zu organisieren. Die Brauerei Schlappeseppel sponsert einige Fässer.

Für Rudolf Härtl gibt es zwei Gründe für sein Engagement. Außer Horst Schweikard sitzt gerade noch Fredi Keller in der Probierstube mit am Tisch, einem Treffpunkt, in dem der gemeine Mühlheimer ähnlich viel über die Geschehnisse in der Stadt erfährt wie ums Eck im Friseursalon Euler. Wenn einer der beiden Kumpels in ferner Zukunft im Altenheim in Mühlheim säße und der andere in Dietesheim, „dann seht ihr euch doch nicht mehr“. Überhaupt empfindet es der 55-jährige Härtl als Schande, wie die Gesellschaft mit ihren älteren Mitbürgern umgehe. Unter seiner Kundschaft erlebe er Bewohner des nahem Altenheims, „denen nur ein paar Euro Taschengeld zum Ausgehen bleiben“.

Der geplante Adventskaffee soll zwar der erste seiner Art werden, aber nicht der letzte. „Wir wollen die Geschichte zu einem Mühlheimer Treffpunkt entwickeln“, erklären Härtl und Schweikard.

Der zweite Grund des Wirts, der ein viertel Jahrhundert als Dreher bei Manroland arbeitete, bevor er vor sechs Jahren die Probierstube übernahm, liegt weit in der Vergangenheit. Als der zwölfjährige Rudi vor 43 Jahren von der Schule nach Hause in die Apfelbaumgasse einbog, sah er Feuerwehr- und Polizeiautos. Sein Elternhaus lag in Trümmern. Zwei seiner sieben Geschwister kamen durch eine Explosion ums Leben, ein 14-jähriger und ein achtjähriger Bruder, die früher aus der Schule gekommen waren.

Die Eltern waren an dem Tag auf der Beerdigung seines Großvaters in Gernsheim.

Er habe nie vergessen, wie die Mühlheimer der Familie damals nicht nur beim Wiederaufbau des Hauses geholfen hätten, „besonders der Pfarrer Johann Kotschner“. Jetzt will Härtl etwas zurückgeben.