Am Sonntag wird die Isenburger Historie als Stationen-Theater lebendig Bewegte Geschichte im Alten Ort

Schon voll in ihrem Element sind die Laienschauspieler, die das Stück aufführen werden. Foto: Postl

Neu-Isenburg (col) – Am kommenden Sonntagnachmittag bringt die Leiterin des Kulturbüros, Bettina Stuckard, gemeinsam mit Regisseurin Miruna Costa und einer Gruppe von 15 engagierten Laienschauspielern die Hugenottengeschichte auf die Gassen der Stadt.

Der Aufschrei in den Nachbardörfern „Die Franzosen kommen!“ hallte einst durch die Umgebung. Die neue Religion führte durch Unwissenheit zu Verunsicherung. Es waren harte Zeiten für die reformierten Franzosen – die Protestanten wurden systematisch verfolgt und vertrieben. Graf Johann Phlipp zu Ysenburg und Büdingen, selbst Anhänger des reformierten Bekenntnisses, hatte Mitleid und spendete 34 hugenottischen Familien Zuflucht und Land. So entstand 1699 das „welsche Dorf“ Neu-Isenburg.

Am 24. Juli wird nun ab 15 Uhr mit den Holzschuhen über das Kopfsteinpflaster geklappert, der Graf von Ysenburg wird durch die Straßen ziehen und die Hugenotten werden in ihren einfachen Leinenkleidern wieder lebendig. Die Neu-Isenburger erleben ihre eigene Stadtgeschichte authentisch auf den Straßen des Alten Ortes. Die Bühne ist dabei der komplette alte Ortskern. Vom Marktplatz geht es in die alte Schule und von dort aus auch in die Kirche zum Beten. Bettina Stuckard hatte die Idee, die Geschichte der Hugenotten und ihr Leben nach der Flucht im Ort lebendig werden zu lassen.

Das Publikum, dass es sich nicht auf Stühlen bequem machen kann, sondern auf den Spuren der Vorfahren mit durch die Straßen wandelt, wird die Rolle der Statisten übernehmen. Die Isenburger werden Gerichtsbeobachter beim Prozess sein, bekommen bei der Armenspeisung etwas zu essen und singen gemeinsam den Hugenottischen Psalm „Alle Lande“. „Ich habe ein solch bewegtes Stationen-Theater in England schon einmal gesehen und auch in Wiesbaden gab es das schon. Wir haben es mit dem Kindertheater auch schon realisiert.

Aber noch nie so groß, wie wir es jetzt auf die Straßen bringen“, erzählt die Leiterin des städtischen Kulturbüros. Die Geschichte der Hugenotten sei wie gemacht für eine solche Inszenierung.

„Sie bietet so viel Erzählenswertes und wir haben mit den Gerichtsbüchern und dem Diarium – dem Kirchenbuch des damaligen Pfarrers – sehr viele authentische Geschichten, die wir lebendig erzählen können“, erläutert Stuckard.

Denn es geht in dem Pfarrerstagesbuch nicht nur um Kirchensteuerschulden und Hochzeiten, darin sind die alltäglichen Konflikte und Streitigkeiten aufgezeichnet.

„Der Pfarrer hat seine Gemeindemitglieder ehrlich gesagt beinahe bespitzelt“, sagt Stuckard schmunzelnd.

Umgesetzt wird die Stadtgeschichte von Regisseurin Miruna Costa, mit einer Gruppe von 15 engagierten und schon sehr erfahrenen Laienschauspielern, die schon seit Monaten an dem Stück arbeiten. „Damit es auch richtig hugenottisch wird, hat sich Bettina Stuckard wirklich um jedes Detail gekümmert. Unsere Schauspieler laufen auf Holzschuhen, die Kostüme sind aus ganz einfachen Stoffen selbst genäht oder aus dem Theaterfundus der Bühne Frankfurt geliehen und wir haben selbst bei den Perücken darauf geachtet, dass sie nicht zu weit im Zeitalter zurückreichen“, erzählt Regisseurin Miruna Costa. Dabei haben die beiden Initiatorinnen dafür gesorgt, dass es bei dem bewegten Theaterprojekt keinesfalls verstaubt zugeht.

Sie versprechen Stilbrüche mit modernen Elementen, es gibt eine moderne Tanzszene und der Graf von Ysenburg hat einen Bodyguard. „Außerdem werden wir mit einer offenen Regiearbeit spielen. Das bedeutet, wenn es auf der Straße doch mal laut wird, können wir einen Satz auf Zuruf doch noch mal wiederholen, es soll Raum für Spontanität bleiben“, betont Miruna Costa. Zusätzlich zu den Schauspielern ist der Chor der Johannesgemeinde eingebunden und Musikschulleiter Thomas Peter-Horas spielt französische Weisen.

„Letztlich geht es in dem Stück auch um Flucht und Integration, Vorbehalte und Freiheit und um das Thema Heimat und Ankommen – also tangiert es auch die heutige Zeit, denn in der Geschichte wiederholt sich ja alles“, weist Bettina Stuckard auch auf die Aktualität der Geschichte hin. Geplant sind rund 45 Minuten reine Spielzeit, insgesamt wird die Theatergruppe gemeinsam mit dem Publikum rund eine Stunde und 15 Minuten durch den alten Ort unterwegs sein. Alle fiebern schon aufgeregt der Premiere entgegen und das Team hofft auf gutes Wetter.

„Wir werden auf jeden Fall spielen. Wenn es in Strömen regnet, gehen wir ins Haus zum Löwen. Das wäre natürlich nicht das Gleiche“, sagte Stuckard.

„Eine Stadt macht Geschichte – ein bewegtes Theaterprojekt von, mit und für Neu-Isenburg“ beginnt am Sonntag, 24. Juli, 15 Uhr, im Alten Ort. Der Eintritt ist frei.