Lydia Zoubek organisiert „Dunkelbar“ im Club Voltaire Auf einen Drink mit einem Blinden

Am Tag des weißen Stockes lädt Lydia Zoubek (links) mit ihrem Team in den Club Voltaire in die Dunkelbar. Foto: Kokoschka

Neu-Isenburg/Frankfurt (zvk) – Stockdunkle Finsternis verschluckt die Besucher, es ist so zappenduster, dass niemand die eigene Hand vor Augen sehen kann. ,,Hier entlang, immer auf meine Stimme zu”, fordert Lydia Zoubek auf. Für die Besucher eine Herausforderung, müssen sie schließlich auf ihr wichtigstes Sinnesorgan – die Augen – verzichten. ,,Wir wollen den Leuten nicht beweisen, wie gut oder schlecht wir Blinde im Alltag zurechtkommen”, betont Zoubek, ,,sondern zeigen, was mit den anderen Sinnen passiert, wenn das Sehen wegfällt.” In der Stadt ist Zoubek bereits bekannt: Die 50-Jährige engagiert sich für die Gleichberechtigung von Menschen mit Sehbehinderung. Um diesen Menschen und dem Thema mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, hat Zoubek die Dunkelbar organisiert. Am Tag des weißen Stockes lädt die 50-Jährige mit ihrem Team in den Club Voltaire. Dieser Aktionstag steht am Ende der Woche des Sehens, in der bundesweit derartige Projekte stattfinden.

Während Zoubeks Kinder Laila und Bilal am Eingang die Besucher einweisen, führen Zoubek und ihre beiden Helfer Petti und Michel die Gäste in die Bar. ,,Wir hatten viele Besucher aus dem näheren Umfeld, die den Raum bei Licht kennen”, erzählt Petti, ,,sie haben dann zwar versucht, sich allein im Dunkeln zurechtzufinden, aber so ganz leicht ist es ihnen nicht gefallen.” Das Trio kennt sich aus dem Frankfurter Dialogmuseum, wo sie alle gelegentlich aushelfen. ,,Mir war es wichtig, dass meine Kollegen Erfahrungen mitbringen”, sagt Zoubek.

In der Dunkelbar angekommen, können sich die Besucher am Tresen ein Getränk bestellen und sich mit den Helfern über das Thema Sehbehinderung unterhalten. ,,Dafür machen wir das Ganze ja: Damit die Menschen ihre Hemmungen verlieren und offen ihre Fragen stellen”, erklärt Laila Zoubek. Besonders in Erinnerung sind der 19-Jährigen einige Schüler der Brüder-Grimm-Schule. ,,Einige haben gefragt, wie meine Mutter sich anzieht”, berichtet Laila Zoubek, ,,oder wie die Augen von Menschen mit Sehbehinderung aussehen.”

Ihre Mutter musste sich oft mit der Frage auseinandersetzen, ob sie wirklich blind sei. ,,Ich kann grobe Umrisse erkennen, aber keine Details”, antwortet Zoubek dann. Die Neu-Isenburgerin gilt als gesetzlich blind – dazu zählen alle Menschen, deren Sehvermögen weniger als zwei Prozent beträgt. Über ihren Blog „Lydia’s Welt” informiert sie über Barrierefreiheit, beantwortet Leserfragen und beschreibt, wie sie typische Tätigkeiten im Alltag erledigt.

Die Dunkelbar versteht sich als Angebot, ein Gefühl für den Alltag von Menschen mit Sehbehinderung zu bekommen. Über 20 Besucher zählt das Team am Ende des Tages. ,,Ich finde es schade, dass nicht mehr Menschen gekommen sind”, bedauert Zoubek, ,,aber das Interesse von Seiten der Medien war auch eher gering.” Beim nächsten Projekt soll sich das ändern: ,,Wir haben noch Luft nach oben, und bei der nächsten Aktion versuchen wir, mehr Menschen zu erreichen.”