Neujahrsempfang von GHK und Stadtbibliothek „Einfühlsam und ausdrucksstark“

Matthias Köberle, Deutschlehrer der Goetheschule (links), spielte sich mit dem Buchautor Roland Kaehlbrandt die Bälle zu.

Neu-Isenburg – Der Geschichtsverein GHK und die Stadtbibliothek hatten unlängst zum Neujahrsempfang ins Foyer der Hugenottenhalle mit einer Lesung des Bestseller-Autoren Roland Kaehlbrandt eingeladen. Mit dem Sprachwissenschaftler spielte sich der Neu-Isenburger Germanist und Deutschlehrer Matthias Köberle die Bälle zu. Der GHK-Vorsitzende und Alt-Bürgermeister Herbert Hunkel sprach vor den voll besetzten Stuhlreihen der erkrankten Stadtbibliotheksleiterin Annette Wagner-Wilke Genesungswünsche aus.

Matthias Köberle, Fachbereichsleiter an der Goetheschule, fragt den in Dreieich lebenden Roland Kaehlbrandt, was ihn dazu bewogen habe, sein neuestes Buch „Deutsch – Eine Liebeserklärung: Die zehn großen Vorzüge unserer erstaunlichen Sprache“ zu nennen. Die Deutschen sind nicht unbedingt ein Volk, das sich sonderlich gut leiden kann. Das drückt sich in einem Aphorismus von Georg Christoph Lichtenberg aus, den Kaehlbrandt zitiert, „die Deutschen lernen vor dem Nase putzen erst das Nase rümpfen.“ Die Mentalität schlägt sich offensichtlich auch im Blick auf die eigene Sprache nieder. „Deutsche Sprache, schwere Sprache“, bekämen Migranten gerne mal von Muttersprachlern zu hören, „wir finden das total originell.“

Das Vorurteil bestätigten außerdem Zitate wie das von Mark Twain, von dem stamme, „das Leben ist zu kurz, um Deutsch zu lernen.“ Zusammengefasst: „Deutsch steht im Ruf, barsch zu klingen.“ Dem widerspricht der Mann mit dem rheinischen Akzent, der es mit seinem Buch auf die Bestseller-Liste des Spiegels schaffte. Ein Vorzug des Deutschen sei die Bandbreite geschmeidiger Wortbildungsoptionen. Als Beispiel nennt der 69-jährige promovierte Honorarprofessor den Titel eines Gedichts von Ludwig Tieck: Waldeinsamkeit. In dem Punkt sei Deutsch leicht, „ein amerikanischer Sprachwissenschaftler nannte es eine ‘Legosprache’“.

Kaehlbrandt spricht von den Morphemen, den Silben mit eigener Bedeutung, die es ermöglichten, Wörter wie „Anschmiegsamkeit“ zu bilden. Köberle erwähnt eine Wortverbindung aus seiner Jugend, die längst dem Zeitgeist zum Opfer fiel: „Wir sprachen vom Konsumtrottel, der man auf keinen Fall sein wollte.“

Ein weiterer Vorzug der deutschen Sprache liege darin, „dass sie einfühlsam und ausdrucksstark ist“, erläutert Kaehlbrandt. Die Partikel, die vermeintlich überflüssigen Füllwörter, sorgten für Milde. Der Sprachwissenschaftler nennt ein Beispiel aus der eigenen Familie. Sein Sohn habe als Jugendlicher wenig davon gehalten, die Flurtüre hinter sich zuzuziehen, zum Leidwesen seiner Mutter, was die des Öfteren nachdrücklich thematisierte, was ihren Gatten wiederum veranlasste, seinen Sohn mit einem „dann mach‘s doch halt“, zur Seite zu nehmen. Der Partikel „halt“ hätte dem Filius den Ausweg eröffnet, einer kleinen Bitte um des familiären Friedens willens, aber keinem Imperativ des Vaters zu folgen.

Roland Kaehlbrandt ist per se kein Kritiker der Jugendsprache. Der Bestätigungsformel „isso“ kann der Mann ebenso etwas abgewinnen wie einem „Lassma reden“. Vor dem Einsparen von Präpositionen warnt Kaehlbrandt allerdings. Ein „treffen wir Bahnhof“ könne dazu führen, „dass einer am Gleis sieben steht, der andere vor dem Haupteingang wartet“.

Am Dienstag, 7. Februar, um 18.45 Uhr ist Roland Kaehlbrandt übrigens im NDR zu sehen. Dann sitzt er in der Sendung der Moderatorin Bettina Tietjen als Gast „Auf dem Roten Sofa“.
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