Kreis Offenbach verabschiedet Gleichstellungsbeauftragte Ina Sittmann im Einsatz für gleiche Chancen

Bei der Verabschiedung: Ina Sittmann (Mitte) und ihre beiden Nachfolgerinnen Nina Boerckel (links) und Anja Engelhorn. Foto: Stadt Offenbach/p

Offenbach (red) – Gleichstellung macht Arbeit und stiftet Sinn – diese Erfahrung hat im Frauenbüro Offenbach Ina Sittmann gemacht. Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der städtischen Kitas und der Feuerwehr geht nach acht Jahren im Frauenbüro in den Ruhestand.

Karin Dörr, Leiterin des Offenbacher Frauenbüros, würdigte Sittmann bei einer Feierstunde als Fachfrau für Personalmanagement und für Personalentwicklung.

2011 koordinierte Sittmann das Projekt „Frauen-Stärken-Offenbach“ im Frauenbüro. Für verschiedene stadtnahe Unternehmen suchte sie Frauen für gewerblich-technische Berufe und ermöglichte die Qualifikation zur Busfahrerin und Hausmeisterin. Auf mehreren beruflichen Stationen, unter anderem für die Gewerkschaft HBV und für Personalberatungsfirmen, hatte Sittmann im Zusammenhang mit Firmenpleiten und Entlassungen Beschäftigte wegen des drohenden Verlusts des Arbeitsplatzes beraten. Mit ihrer eigenen Erfahrung einer beruflichen Neuorientierung und dieser Beratungsarbeit konnte sie reichlich Erfahrung aufbauen, um mit den Betroffenen neue Perspektiven für deren weiteren Berufsweg zu erarbeiten.

Karin Dörr bescheinigte ihr, in Betrieben der Stadt Offenbach zur Akzeptanz und erfolgreichen Gleichstellungsarbeit auf dem Feld der betrieblichen Frauenförderung maßgeblich beigetragen zu haben. Als drittes Kind einer neunköpfigen Familie, hatte Ina Sittmann sich im ersten Beruf als Einzelhandelskauffrau ausgebildet, später ihr Abitur gemacht und anschließend Industrie- und Betriebssoziologie studiert.

Michael Eiblmaier, stellvertretender Leiter der Feuerwehr Offenbach, unterstrich Sittmanns Beitrag zur Anwerbung von potenziellen Auszubildenden für den Beruf der Brandmeisterin. Der Beruf ist bei jungen Leuten wenig bekannt und kann bisher nicht als Erstausbildung erlernt werden, was es den Feuerwehren erschwert, neue Mitarbeiterinnen anzuwerben. Um Abhilfe zu schaffen und den Ausbildungsberuf speziell bei jungen Frauen mit handwerklichen Neigungen bekannter zu machen, hatte Sittmann als Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte für die Feuerwehr in Berufsinformations-Broschüren und im Internet die Anforderungen des Berufsalltags und die Voraussetzungen für eine Bewerbung neu beschrieben. Daraufhin hatten sich Frauen in den letzten Jahren vermehrt bei der Offenbacher Wehr beworben und auf den höchst anspruchsvollen Auswahltest vorbereiten können.

Auch für den Eigenbetrieb Kindertagesstätten Offenbach hat Ina Sittmann ähnliches getan: Einerseits betriebliche Handlungsbedarfe wie den in der wachsenden Stadt Offenbach ständig steigenden Bedarf an Erziehern identifiziert. Und sie hat die betrieblichen Bedarfe mit der frauen- und gleichstellungspolitischen Zielen des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes HGlG zu verknüpfen gewusst. Das HGlG-Gesetz ist die Arbeitsgrundlage für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte wie Ina Sittmann und verfolgt das Ziel der Chancengleichheit für Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Ein gutes Beispiel ist das Qualifizierungsprojekt für Beschäftigte in der Tätigkeit eines Erziehers. In einem von Sittmann konzipierten Programm werden seit 2018 unter dem Titel „Quereinstieg“ diese Quereinsteigerinnen, darunter auch männliche Beschäftigte, berufsbegleitend zu pädagogischen Fachkräften qualifiziert.

Bereits zwei EKO-Ausbildungsjahrgänge hatte Ina Sittmann in den Jahren 2018 und 2019 zusammengestellt und vorher die Betriebsleitung des EKO davon überzeugt, am „WeGebAU-Programm“ teilzunehmen, erläutert Roberto Priore, der Leiter des Eigenbetriebs Kindertagesstätten EKO. Sie hat zudem bei der Bundesagentur für Arbeit die erforderlichen Drittmittel eingeworben, damit die Lohnkosten während der berufsbegleitenden Qualifizierung nicht allein vom EKO getragen werden müssen.

Karin Dörr: „Aktive Gleichstellungspolitik nutzt den betrieblichen Interessen wie der Fachkräftegewinnung und Fachkräftebindung. Aktive Gleichstellungspolitik verbessert die finanzielle Eigenständigkeit von Frauen, die sich heute und in Zukunft als Rentnerinnen selbst finanzieren können wollen. Aktive Gleichstellungspolitik muss von allen staatlichen Instanzen vorgetrieben werden, sie dürfen nicht untätig bleiben. Denn so steht es im Grundgesetzes Artikel 3, Absatz 2 ‘Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin‘. Dafür hat sich Ina Sittmann eingesetzt.“

Auch der staatliche Auftrag der Daseinsvorsorge – heute dargelegt am Beispiel des Fachkräftebedarfs im Öffentlichen Dienst, ist für die Kommunen wie die Stadt Offenbach ohne Frauenförderung, Chancengleichheit und Gleichstellung und ohne die qualifizierte Arbeit von Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten wie Ina Sittmann nicht zu machen. „Gleichstellung macht Sinn und die Arbeit daran geht nie aus!“ bringt es Dörr auf den Punkt.

Für die lückenlose Weiterarbeit der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten bei Feuerwehr und EKO hat das Frauenbüro mit Unterstützung des Magistrates bereits gesorgt. Mit Nina Boerckel und Anja Engelhorn wurde die Stelle auf zwei Nachfolgerinnen aufgeteilt.