Rollenspiel im Stadtmuseum „Haus zum Löwen“ Wenn man ganz plötzlich zum Flüchtling wird

Plötzlich sind die Geflüchteten der Macht anderer Menschen ausgesetzt. Das „Life-Action Role Play“, das am Samstag im Stadtmuseum „Haus zum Löwen“ mit rund 20 Teilnehmern stattfand, thematisierte ein aktuelles Thema. Foto: zcol

Neu-Isenburg (red) – Es fällt ein Schuss. Eine Frau schreit auf. Die Situation ist beklemmend, es herrscht Stille in der Gruppe. Was ist passiert? Eben noch in Partylaune, jetzt haben Soldaten die Gäste abgeführt.

Die Situation ist die Auftaktszene des „Life-Action Role Play“, das am Samstag im Stadtmuseum „Haus zum Löwen“ mit rund 20 Teilnehmern stattgefunden hat. Ein fiktives Land, Wandaland, idyllisch, weiße Stränden und Palmen – doch die politische Situation ist angespannt, zwei rivalisierende Parteien versuchen, die Bevölkerung mit Einschüchterung und Gewalt zu manipulieren. Die Menschen geraten zwischen die Fronten, bald wird klar: Das Leben scheint in Wandaland nicht mehr sicher zu sein. Die Zuschauer des Projektes erleben hautnah, wie aus der Bedrohung der Entschluss reift zu flüchten. Die Stationen einer Flucht, von der Frage, was eingepackt wird, wem vertraut werden kann, wie Fluchtwege organisiert werden, wie die Schlepper zu bezahlen sind bis zur Macht, die Fremde über die eigene Person bekommen bilden den ersten Teil des Projekttages.

Im zweiten Teil sind die Geflüchteten im neuen Land, in „Hopeland“ angekommen. Hier erleben sie ihre Sprachlosigkeit, und wie es ist, so ein Mitspieler, „sich chancenlos zu fühlen“. Den Verwaltungsbeamten, bei dem die Geflüchteten ihr Anträge und Formulare auf Farsi ausfüllen sollten, spielte ein junger Iraner. Er sprach angeregt mit seinen Kunden, erntet allerdings nur Unverständnis. Was sollt man da unterschreiben? Am Ende wurden die Asylanträge beschieden. Warum dürfen die einen bleiben? Warum werden die anderen abgeschoben?

Am Ende wurde das Erlebte aufgelöst und in einem Abschlussgespräch ausführlich über die Erfahrungen im Spiel und mit der übernommenen Rolle besprochen. „Das Gefühl der Angst kam über mich“, resümierte eine Teilnehmerin. „Ein großartiger Perspektivenwechsel“ befand ein anderer Teilnehmer.

Im Anschluss an das Rollenspielprojekt gab es Essen aus verschiedenen Ländern. Gerichte aus dem Nahen Osten, Afghanistan, Afrika wurden aufgetischt.

Der Bezug zur Neu-Isenburger Geschichte als von Flüchtlingen gegründetes Hugenottendorf floss an vielen Stellen ein. Dass Vergangenheit und Gegenwart zusammen fallen, war zentrales Anliegen des Isenburger Museumsprojektes.

Eine weitere Auflage darf am 12. November erwartet werden. Mitspieler sind willkommen.