Jugendliche pflegen die 27 Gedenkorte / Broschüre in Arbeit Jedes Messingtäfelchen ein Schicksal

Vor dem Pappenheim-Haus ist eine Stolperschwelle auf dem Gehweg verlegt. Poliert wurde diese nun von Pfarrerin Henning (rechts), Joachim Reinhard und Jugendlichen. Foto: privat

Neu-Isenburg – Auch in Neu-Isenburg wurden jüdische Menschen von den Nationalsozialisten deportiert, vertrieben und ermordet. Das Gedenken an die Mitbürger, die in der nationalsozialistischen Diktatur vor Ort Leid erfuhren, hat in der Hugenottenstadt einen großen Stellenwert. Dazu gehört auch, dass Stolpersteine des Kölner Bildhauers Gunter Demnig an das Schicksal von 26 jüdischen Menschen in Isenburg erinnern.

Fünf engagierte Jugendliche der Evangelischen Kirchengemeinden Neu-Isenburgs haben sich nun kürzlich auf den Weg gemacht, um diese 26 Stolpersteine und eine Stolperschwelle, die in Neu-Isenburg verlegt wurden, wieder auf Hochglanz zu polieren. Gemeinsam mit Pfarrerin Silke Henning und dem Gemeindepädagogen Joachim Reinhard ging es mit Messingputzmittel, Tüchern und Wasser zu Fuß und auf dem Fahrrad zunächst in die Zeppelinstraße 10, wo heute noch das letzte bestehende Gebäude des Heims des Jüdischen Frauenbundes (1907 bis 1942) steht. Davor befindet sich eine Stolperschwelle, die 250 der im Heim lebenden Frauen und Kindern gewidmet ist, die deportiert und ermordet wurden. Die Leiterin der Seminar- und Gedenkstätte, Anna Held, hat den Jugendlichen von der Gründerin des Heims, Bertha Pappenheim, und deren Engagement für Frauen und Mädchen berichtet. Dank der fünf neu Konfirmierten glänzen nun alle Steine und die Schwelle wieder goldfarben und laden somit aufs Neue ein, auf der Straße innezuhalten und sich an die Schicksale der Neu-Isenburger zu erinnern, denen mit diesen Steinen ein kleines Denkmal gesetzt wurde. „Jeder Stolperstein ist ein Gedenkort“, sagt Bürgermeister Herbert Hunkel. „Mit dieser Aktion tragen Sie alle dazu bei, an das Schicksal der Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern.“ Der Rathauschef dankt den Konfirmanden, Pfarrerin Henning und dem Gemeindepädagogen Joachim Reinhard per Pressemitteilung nun „ganz herzlich für dieses vorbildliche Verhalten“.

Hunkel verweist bei dieser Gelegenheit auch auf ein Projekt, das der Verein für Geschichte, Heimatpflege und Kultur (GHK) gerade angeht: In Arbeit ist eine Broschüre über die Stolpersteine in Neu-Isenburg. Diese soll allen Interessierten die Möglichkeit geben, sich über die Schicksale der Neu-Isenburger zu informieren.

„Auf den Steinen sind nur wenig Informationen zu den Personen zu finden und so bleiben oft viele Fragen offen“, sagt Hunkel, der auch Vorsitzender des GHK ist. „Diese Lücke soll die Broschüre schließen und somit eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den Lebenswegen der betroffenen Menschen ermöglichen.“
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