AG DREIHERRNSTEINPLATZ Mit Begegnungsfesten Platz und Stadtteil beleben Mit den Nachbarn ins Gespräch kommen

Auf dem Dreiherrnsteinplatz wird aufgetischt: Zum Auftakt des Fests sitzen die Macher der „AG Dreiherrnsteinplatz“ zusammen – Eddi Fischer (von links), Alexander Albert, Doris Liebenthal, Ralf Kellen und Nevda Rufflar. Bild: mangold

Dreieich – Eine knappe halbe Stunde, bevor es losgeht, öffnet Ralf Kellen den Container und holt Klapptische und Bänke heraus, um sie auf der großen Wiese aufzustellen. Später kommen seine Mitstreiter hinzu, außerdem Mütter mit ihren Kindern, die Getränke und Backwerk mitbringen. Man trifft sich wieder auf dem Dreiherrnsteinplatz zum festen Termin.

„Stimmt“, bestätigt Edgar Fischer, der Ortsvorsteher von Gravenbruch, den die Isenburger nur als „Eddi“ kennen. Der langjährige Sportlehrer der Goetheschule und frühere Jugendfußballtrainer von Eintracht Frankfurt bestätigt die Idee, die mal durch die Stadt flirrte und lautete, es sei nötig, den Dreiherrnsteinplatz zum Parkraum umzufunktionieren. Also dort, wo sich Gravenbrucher gerade zum Begegnungsfest „Wir tischen auf“ treffen und ein paar Kinder auf der Wiese kicken, sollten mittlerweile Autos stehen. „Hätte die Stadt das angeordnet, wäre ich zum Andreas Hofer mutiert“, benennt der CDU-Stadtverordnete den Organisator des Tiroler Volksaufstands von 1809 als potenzielles Vorbild, dem er zum Glück nicht habe folgen müssen. Der Ortsbeirat hatte der Idee 2019 eine entschiedene Absage erteilt. Das Gremium könne zwar nichts beschließen, aber Gravenbruch sei mit 7.000 Einwohnern der Isenburger Stadtteil mit dem meisten Einwohnern, „mit den Wählern will man es sich nicht verscherzen.“

Die AG Dreiherrnsteinplatz hatte zum zweiten Mal in dem Jahr zu „Wir tischen auf“ eingeladen, samt Mitbring-Büfett. Jeden letzten Donnerstag eines Monats will man sich nun ab 16 Uhr zu so einem Begegnungsfest treffen. Ganz unterschiedliche Menschen – Junge, Alte, Familien und Singles aus allen Kulturkreisen – seien im April da gewesen und miteinander ins Gespräch gekommen.
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Die Idee entwickelten Alexander Albert, der Referent der Kirchengemeinde Heilig Kreuz, Nevda Rufflar, Eddi Fischer, dessen Ortsbeiratskollege Ralf Kellen und Doris Liebenthal im vergangenen Jahr. Die 67-jährige Liebenthal fing in der Kita St. Christoph am Dreiherrnsteinplatz 1976 als Erzieherin an, also zu einer Zeit, als der Bundestag Helmut Schmidt zum zweiten Mal zum Kanzler wählte. Sie habe in jungen Jahren Kinder betreut, die heute als Großeltern ihre Enkel vom Kindergarten abholen. Seit wann sie als Leiterin fungiert, kann die Erzieherin auswendig nicht sagen, „ich denke, seit 20 Jahren.“

Liebenthal, deren Kindergarten sich vor Anmeldungen kaum retten kann, betont, „sicher würde auch ich gerne mal den einen oder anderen Tag morgens im Bett liegen bleiben, aber mir macht meine Arbeit großen Spaß.“

Ein Gesprächsthema: der Wochenmarkt am Dreiherrnsteinplatz. Die Stände bauten vor kurzem das letzte Mal ab. Fischer und Kellen erklären, neben vielleicht nicht optimaler Kommunikation zwischen der Marktgilde und der Stadt hätten es die gestiegenen Erzeugerpreise den Anbietern sicherlich nicht leicht gemacht, die Nachfrage oben zu halten, „manchem Kunden wurde es zu teuer.“

Um den Weinstand hatte sich stets eine Gruppe älterer Gravenbrucher gebildet, die den Donnerstag weiterhin als festen Treffpunkt behalten haben. „Die bringen jetzt entweder selbst was mit und setzen sich hier hin“, erzählt Fischer, „oder sie gehen zum Tennisclub, wie heute.“

Gravenbruch sei etwas Besonders, sagt der 75-Jährige, der nach seiner Pensionierung vor zehn Jahren in den Ortsteil zog, der in den 1960er Jahren vom Reißbrett entstand. Von Gravenbruch sagt der Ortsvorsteher, der jeden Morgen vier Kilometer rennt, „das Viertel steht für die Liebe auf den zweiten Blick.“ Das Gemeinschaftsgefühl sei weit stärker ausgeprägt als anderswo. In den vergangenen Jahren verjünge sich die Bevölkerung rasant. Die demografische Entwicklung gleicht einer Achterbahn: vom einst jüngsten Stadtteil zum ältesten Deutschlands, nun wieder zum jüngsten im Kreis. „Kinder finden hier Heimat“, beobachtet der Pädagoge, was auch die besondere Lage bedinge. Gravenbruch stehe für sich, gehe nicht in ein anderes Wohngebiet über, „Heimat ist kein Verwaltungsabschnitt, sondern entwickelt sich durch ein positives Leben.“